Echte Schweizer Wertarbeit

 

 


 Start mit merkwürdigem Gastgeschenk


Was für ein merkwürdiges Gastgeschenk: Ein Besucher legt einem Stadtoberhaupt eine Handvoll Dreck auf den Schreibtisch, den er sich zuvor von den Schuhen gekratzt hat.

Die Szene ist historisch verbürgt. Sie hat sich 1934 im schweizerischen Biel zugetragen. Und sie war keinesfalls als Affront gemeint, im Gegenteil: Dr. Guido Müller, der Stadtpräsident von Biel, reagierte ausgesprochen erfreut, denn er verstand sofort die Symbolkraft der Geste.

 

„Hier bringe ich Ihnen die Erde, auf der wir unsere Fabrik bauen werden“,

 

kommentierte sie der damalige Generaldirektor von General Motors. Zuvor hatte er mit den Stadtoberen ein Areal in der Nähe des Bieler Bahnhofs begutachtet, an dem der Konzern Interesse bekundet hatte. Geste und Worte drückten aus: Die Entscheidung war gefallen. Biel, das Städtchen im Schweizer Kanton Bern, sollte GM-Standort werden.

Hochzeit im Kanton Bern 1936: Eine Kadett-Karosserie wird mit ihrem Motor verheiratet.

 

 


 Das erste Fahrzeug rollt vom Band


Fahrzeugübergabe: Der Kadett rollt vom Hof.

 

Vor 80 Jahren, am 5. Februar 1936, lief das erste Fahrzeug vom Band, ein Acht-Zylinder-Buick. Mit ihm begann die fast 40 Jahre währende Geschichte des Montagewerks Biel.

Seine Hoch-Zeiten erlebte der Standort nach dem Zweiten Weltkrieg, in den Jahren, die in Deutschland als die Wirtschaftswunderjahre bekannt wurden. Denn in der Schweiz boomten Industrie und Handel nicht minder, und gerade auch die Automobilbranche übertraf ihre eigenen Erwartungen immer wieder: Im Jahr 1950 etwa wurde ihr ein Gesamtabsatz von 10.000 Einheiten vorhergesagt, tatsächlich verkauft wurden 28.000 Autos. Zehn Jahre später setzten die Autohändler 90.000 Pkw innerhalb eines Jahres ab.

Die Mitarbeiter des Montagewerks taten ihr Möglichstes, um mit der wachsenden Nachfrage Schritt zu halten. Immer wieder wurden Produktions- und Lagerkapazitäten erweitert. Und: Bis 1962 mussten die Schweizer auch die Märke in Österreich und Italien mit bedienen. Ihr produktivstes Jahr feierten sie 1969: In diesen zwölf Monaten rollten in Biel 18.265 Autos vom Band.


Sich ändernde Rahmenbedingungen bedeuten das Ende


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Hier lässt es sich arbeiten: Hauptgebäude und Teilelager im Jahr 1973.

 

 

Dass das Werk sich trotz guter Auslastung Mitte der 1970er Jahre für GM nicht mehr rechnete, ergab sich aus den sich ändernden Rahmenbedingungen, die die neuen europäischen Wirtschaftsräume mit sich brachten. Mit dem Beitritt der Schweiz in die Europäische Freihandelsassoziation (EFTA) und später durch das Assoziationsabkommen mit der EG, verloren Montageteile ihre „zollpräferentielle Behandlung“. Vereinfacht ausgedrückt: Komplette Autos in die Schweiz

einzuführen, wurde für die Unternehmen günstiger, als Montageteile zu importieren und vor Ort zusammenzubauen. Biel war 1975 das letzte Automobil-Montagewerk, das in der Schweiz geschlossen wurde. GM Suisse nutzt heute auf dem ehemaligen Fabrikgelände immer noch Bürogebäude. Darüber hinaus haben sich der Opel-Händler Merz & Amez-Droz, die Coop Biel Seeland, sowie die Schweizerische Post-, Telefon- und Telegraphenbetriebe (PTT) dort niedergelassen.

 


 AUF EINEN BLICK


2. Mai 1935: Gründung der General Motors Suisse SA. Die Stadt Biel stellt GM ein 30.000 Quadratmeter umfassendes Gelände zu Verfügung, errichtet ein Fabrikgebäude nach den Plänen des Konzerns und verpachtet es an GM.

 5. Februar 1936: In Biel läuft das erste GM-Auto vom Band, ein Acht-Zylinder-Buick. Bis zum Beginn der Zweiten Weltkriegs werden rund 2.000 Autos pro Jahr produziert.

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 1939 bis 1945: In den Kriegsjahren wird das Automobilwerk zunehmend zweckentfremdet. 1940 werden noch 979 Auto produziert, anschließend wird Biel unter anderem Herstellungsstätte für Armee-Tornister und Munitionskisten sowie als Reparaturwerkstatt für Eisenbahnwaggons genutzt.

 

 

1947: GM kauft die Fabrik von der Stadt Biel und setzt sie instand. Bis 1962 werden auch Österreich und Italien von der GM Suisse betreut.

1957: Die Produktionskapazität wird auf 14.500 Pkw pro Jahr erhöht. Ein neues Ersatzteillager mit 11.400 Quadratmetern Lagerfläche wird in Betrieb genommen.

1961: Das GM-Montagewerk Biel produziert sein 100.000. Auto.

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1966: In Studen bei Biel entsteht ein 100.000 Quadratmeter umfassendes Lager- und Auslieferungszentrum, das 6.000 Fahrzeugen Platz bietet.

1969: Biel produziert innerhalb eines Jahres 18.265 Autos – das beste Ergebnis seiner Geschichte.

 

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1970: In Biel rollt das 250.000 Fahrzeug vom Band. GM Suisse verkauft in der Schweiz 28.017 Pkw, Biel trägt dazu 17.102 Wagen bei – bei voller Auslastung.

1973: Durch verschiedene Abkommen der EFTA und EG können Montageteile nicht mehr vergünstigt eingeführt werden. Biel verliert dadurch einen entscheidenen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen europäischen Zusammenbauwerken.

15. August 1975: In Biel rollt das letzte Fahrzeug vom Band: ein Opel Rekord Caravan. In den 39 Jahren seiner Geschichte sind in dem Werk 329.864 Autos gebaut worden.

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Ein Hinweis an diejenigen, die die hier sonst übliche Opel Post-Ausgabe zum Download vermissen: Im Februar 1950 ist keine Opel Post erschienen, die Kollegen haben seinerzeit im Winter stets Ausgaben für Januar und Februar im Doppelpack veröffentlicht. In vier Wochen geht es an dieser Stelle gewohnt weiter mit der Opel Post-Ausgabe vom März 1950.

 

 

 

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Text: Eric Scherer, Fotos: Opel Schweiz/Archiv