Herrn Schneider geht ein Licht auf

2015 feiert die Menschheit das „Jahr des Lichts“. Zum einen, weil die UN-Generalversammlung es tatsächlich so beschlossen hat. Zum anderen – und das ist ausschlaggebend für diesen Artikel –, weil Opel mit mehrfach ausgezeichneten und demnächst auch mit ganz neuen Produkten auf diesem Gebiet an den Start geht: mit drei wegweisenden Generationen Scheinwerfertechnologie.

Verantwortlich dafür zeichnet Ingolf Schneider, seit 1997 Leiter der Abteilung Lichttechnik.

Zum Interviewtermin türmen sich im Besprechungsraum Scheinwerfer und Heckleuchten verschiedener Modelle. Da fühlt man sich glatt ein wenig beobachtet. Andererseits befinden wir uns buchstäblich direkt mitten in der Materie.


Herr Schneider, was fasziniert Sie an Ihrem Joballtag am meisten?

Dass man als Lichttechniker vom ersten Bleistiftstrich im Design einbezogen ist. Unsere Aufgabe ist, die optischen Ideen mit der technischen Machbarkeit in Einklang zu bringen. Hinzu kommen Abstimmungen mit anderen Fachbereichen, die die angrenzenden Komponenten entwickeln, zum Beispiel Motorhaube oder Kotflügel. Spannend finde ich, dass in dem Moment, in dem eine Technologie auf den Markt kommt, wir zwei Herausforderungen angehen müssen: Wir verfeinern kontinuierlich das bereits Entwickelte, zugleich bewegen wir uns in Gefilden der automobilen Zukunft, aktuell etwa sind wir bei den Scheinwerfern der 2020er-Jahre.

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Wie hat sich die Entwicklung im Vergleich zum Beginn Ihrer Karriere verändert?

Enorm. Der Scheinwerfer, wie wir ihn von früher kennen, hatte Abblend-, Fern-, Stand- und Blinklicht, dazu eine geriffelte Glasscheibe, sodass das Innere nicht zu sehen war. Fertig. Wir entwickelten ein Muster, analysierten im Test Center Dudenhofen das Ergebnis und sagten: „Der leuchtet gut.“ Oder eben nicht, dann gab es eine neue Enwicklungsschleife. Heute ist die Sache ungleich komplexer. Alles am Scheinwerfer ist beweglich und sichtbar: Wir blenden auf, wir blenden ab. Das Äußere und das Innere aller Komponenten wird komplett gestylt. Und nachts legt ein Team hunderte und tausende Testkilometer zurück, um das dynamische System zu validieren.

 

 


In vierter Generation


Die Verbundenheit zwischen Ingolf Schneider und seinem Arbeitgeber ist eine besondere: Schneiders Familie arbeitet schon seit vier Generationen bei Opel. Sein Vater entwickelte Getriebe; sein Großvater erlebte den Übergang vom Fahrrad- zum Automobilbau. Und sein Ur-Großvater hatte gar nichts mit Autos zu tun. Er war Jagdaufseher (Foto). „Die Familie Opel hatte früher das Waldgebiet zwischen Rüsselsheim und Frankfurt gepachtet, um Besucher und Geschäftspartner mit auf die Jagd zu nehmen“, berichtet Ingolf Schneider. „Mein Uropa organisierte die Ausflüge und hegte die Wälder und das Wild. In unserem Familienalbum gibt es herrliche Bilder mit ihm und Wilhelm Opel, wie sie von der Jagd kommen.“
Ein Urgestein des Unternehmens ist auch Ingolf Schneider: Er steigt 1981 ein, lernt Werkzeugmacher. Anschließend studiert er an der TU Darmstadt Maschinenbau und wird Opel-Werkstudent. „Das heißt, ich war eigentlich ununterbrochen dabei“, sagt er heute. „In den Ferien arbeitete ich im Werk und auch meine Abschlussarbeit habe ich bei Opel geschrieben.“ Entspannen kann der Ingenieur am besten mit Musik.
Jeden Montag dirigiert er ein Akkordeon-Orchester. „Der Montagabend ist gesetzt“, sagt er. „Neben dem Dirigieren spiele ich auch noch selbst in einer Band, der Landes Akkordeon Big Band. Wir spielen Jazz, Rock und Pop.“

Inzwischen kommt im Scheinwerfer sogar die LED-Technologie zum Einsatz. Erklären Sie uns bitte, was hinter diesen drei Buchstaben steckt.

LED, das steht für „Light Emitting Diode“. Eine lichtemittierende Diode ist ein elektrisches Halbleiterelement; hier wird Strom direkt in Licht umgewandelt – und nicht erst in Wärme wie bei konventionellen Leuchten. In der Praxis bedeutet das nicht weniger als eine Revolution: extrem geringer Energieverbrauch, lange Lebensdauer und große Typenvielfalt. LEDs sind zudem stoß- und vibrationsfest und erzeugen wenig Blendung. Ihnen gehört die Zukunft.

 

Wie lange dauert es in der Scheinwerfertechnik von einer Idee bis zur Marktreife?

Mit vier bis fünf Jahren muss man maximal rechnen. Momentan verkürzen sich die Entwicklungszeiträume immer mehr, weil die Technologiesprünge so groß sind. Bis heute haben wir 60 Jahre lang mit Halogenlampen gearbeitet. Zwischendurch kam Xenon dazu, das System basiert auf dem gleichnamigen Edelgas. Die letzten zwölf Jahre haben wir bei Opel das mehrfach ausgezeichnete AFL+ gemacht. Als nächstes kommt das Matrix-LED-Lichtsystem, und es wird sicher keine zwölf Jahre bis zum nächsten großen Schritt dauern: der Eye-Tracking-Technologie.

 

Was ist das verbindende Glied der drei Technologien?

Das Schlüsselwort lautet adaptiv, was bedeutet, das unsere Systeme sich dem Fahrer und seiner Fahrweise sozusagen anpassen.

 

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Beginnen wir mit der heutigen Generation, dem AFL+-Sicherheitslicht. Wie punktet es im Verkehr?

Es verbessert zum einen die Sichtbarkeit des eigenen Fahrzeugs, zum anderen verringert AFL+ die Belastung und damit die Ermüdung des Fahrers bei Nacht. In Verbindung mit der Opel-Frontkamera bietet AFL+ bis zu zehn Lichtfunktionen. Der Lichtstrahl der Xenon-Scheinwerfer passt sich automatisch unterschiedlichsten Fahrsituationen, Straßen- und Witterungsverhältnissen an. Hinzu kommen Funktionen wie dynamisches Kurvenlicht, Abbiege- und energiesparendes LED-Tagfahrlicht.

 

Zurzeit bereiten Ingenieure des Internationalen Technischen Entwicklungszentrums (ITEZ) mit letzten Validierungstests die Einführung des Matrix-LED-Lichtsystems vor. Was ist das Besondere an dem Konzept, das wir innerhalb der kommenden anderthalb Jahre in den Fahrzeugen erleben werden?

Das Matrix-LED-Lichtsystem macht blendfreies Fernlicht zum Standard und passt sich automatisch und kontinuierlich jeder Verkehrssituation an. Die neue Technologie arbeitet dafür wie AFL+ im Zusammenspiel mit der Opel-Frontkamera. Zugleich hebt sie die Funktionen in puncto situativer Anpassung und Präzision auf die nächste Stufe. Erkennt die Kamera entgegenkommende oder vorausfahrende Fahrzeuge, werden einzelne LEDs gezielt deaktiviert, das Umfeld bleibt jedoch hell erleuchtet. Auf diese Weise macht das Matrix-Licht für die Insassen des eigenen Fahrzeugs die Nacht zum Tag, ohne den Gegenverkehr zu blenden.

 

Die dritte Generation des adaptiven Opel-Lichts, das Eye-Tracking, ist bereits in der Entwicklung und ein Thema für die 2020er-Jahre. Was erwartet uns?

Etwas in jeder Hinsicht Wegweisendes. Wir wollen die Vorstellung, dass das menschliche Auge in der Lage ist, das Licht zu lenken und zu dosieren, in die Praxis umsetzen. Das Prinzip Eye-Tracking setzt zum einen auf eine Blickerfassung per Kamera, zum anderen auf eine intelligente Analyse der Blickbewegungen durch einen speziellen Algorithmus. Dank der immens beschleunigten Datenaufbereitung und -weiterleitung reagieren dann die Scheinwerferstellmotoren im Nu – horizontal und vertikal gleichzeitig. Das Projekt verfolgen wir seit zwei Jahren mit den ITEZ-Kollegen und der TU Darmstadt.


Bei so viel Innovationsdrang ist es wohl kaum überraschend, dass man Sie den Lichtpapst nennt…

(lacht) Bei einer Presseveranstaltung hat mich unser PR-Kollege Jean-Philippe Kempf so genannt. Lichtpapst, nun, das ehrt mich natürlich, zugleich ist es auch lustig, und meine Kollegen ziehen mich manchmal damit auf. Aber im Ernst: Auch in der Lichttechnik geht nichts, wenn man alleine agiert. Ich habe ein tolles Team von 26 Mitarbeitern. Daher bin ich dagegen, etwas an einer Person festzumachen. Erfolge und auch Niederlagen fahren wir als Einheit ein.

Taschenlampe

Hat sich das Bewusstsein der Automobilindustrie zum Thema Sicherheit durch Licht verändert?

Ja, das hat es, und hier geht mein Dankeschön an die Design-Kollegen. Seit die Optik von Scheinwerfern endlich eine größere Rolle spielt, ist die Aufmerksamkeit gestiegen. 1990 hatte bei uns als erstes der Astra eine klare Abschlussscheibe, und von da an wurden die Scheinwerfer insgesamt sehr viel schöner.

 

Von was lassen Sie sich persönlich in Ihrer Arbeit inspirieren?

Es passiert nicht selten in Situationen, in denen ich nicht auf der Straße oder am Arbeitsplatz bin. Sondern beim Bergwandern, Skifahren oder Schwimmen. Da sehe ich etwas, das ich später verwende. Aber es ist nicht so, dass ich die ganze Zeit rumlaufe und Ausschau halte. Es sind glücklicherweise eher zufällige Momente.

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Ein Glück, denn sonst würden Sie in der Freizeit sicherlich die Geduld Ihrer Familie ziemlich strapazieren.

(lacht) Auf jeden Fall! Doch ich hoffe, mein Nervensägen-Potenzial hält sich in Grenzen. Auf der anderen Seite schauen meine Frau und meine beiden Töchter schon mal nach Scheinwerfern und geben mir ihre Rückmeldung zu meiner Arbeit. Sowohl Lob als auch konstruktive Kritik.

Bewegen Sie sich unvoreingenommen im Straßenverkehr oder kontrollieren sie das Licht anderer Fahrer?

Das kommt schon mal vor, ist aber ein reiner Automatismus.

 

Glauben Sie, Fahrer haben zu wenig Kenntnis darüber, wie man das Licht richtig einstellt?

Ganz gewiss. Es gibt im Herbst zwar immer wieder viele Aktionen, bei denen Unternehmen anbieten, das Licht einzustellen, aber sie werden zu wenig wahrgenommen. Und wenn man sein Leben lang nicht richtig sieht, weiß man schließlich nicht, was fehlt.

 


Stand März 2015

 

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Text: Sabrina Künz, Fotos: Martina Sabais (Asterion), privat