Du musst den Standpunkt deines Gegenübers kennen und respektieren. Du musst aber auch immer im Blick behalten, was du selbst willst. Um dies zu erreichen, musst du stets besonnen und konzentriert bleiben – abwägen, überlegen. Mit Druck erreichst du gar nichts. Denn darauf wird dein Gegenüber mit dem gleichen Maß an Druck reagieren. So kommt es zu keinem Ergebnis.“
Über was Alexander Dibaba gerade spricht? Über seinen Berufsalltag im „European Customer Engagement Center“, in dem er tagtäglich im Gespräch mit Opel-Kunden die Fälle löst, die sich als besonders knifflig erweisen? Oder über seine private Leidenschaft Muaythai, auch bekannt als Thaiboxen? „Über beides“, erklärt der 49-Jährige, „die Werte, die in meinem Sport gelten, gelten für mich auch in meinem Beruf – und im Leben generell. Und ich fahre gut damit.“ Denn: Muaythai sei nicht nur die Pflege eines über 3.000 Jahre alten Kulturguts, sondern in erster Linie eine Form der Charakterbildung, lautet seine Überzeugung.
„Muaythai ist körperlich hart und gleichzeitig von größtem Respekt und Fairness geprägt.“
Während er dies erzählt, dringen unentwegt Kampfschreie durch das Gym des „Fight Teams Oppenheim“. Die Wettkampfauswahl trainiert gerade. Es sind rund 20 Männer und Frauen, die meisten noch im Junioren-Alter. Jeweils zwei traktieren sich heftig mit Füßen und Fäusten. Eine 15-Jährige führt aus dem Stand Tritte gegen das linke Ohr ihres Übungsleiters aus. Der ist mit Kopf-, Armschutz und Schienbeinschonern ausgestattet. So sieht also die Charakterbildung und Brauchtumspflege im Kampfmodus aus? „Ja, Muaythai-Kämpfe sind hart“, bestätigt Dibaba. Sehr hart. „Dennoch ist das Verletzungsrisiko nicht höher als bei anderen Kampfsportarten“, versichert er. Von diesen wie von so ziemlich jedem anderen Wettkampf hebe sich Muaythai in ganz anderer Weise ab, nämlich im Umgang miteinander.
Von buddhistischer Lehre geprägt
Dibaba: „Bei uns gibt es keine Beleidigungen, keine Schiedsrichterbeschimpfungen, keine Trainer, die ausflippen, und keine randalierenden Zuschauer. Auch wenn die Kämpfe körperlich hart sind, ist das Davor und Danach stets von Respekt und Fairness geprägt. Und wer nicht bereit ist, diese Prinzipien anzuerkennen, hat bei uns nichts verloren.“ Denn man dürfe niemals vergessen: Muaythai ist Teil der DNA eines Landes, das von der buddhistischen Lehre geprägt ist.
Alexander Dibaba ist Mitte der 90er-Jahre von diesem Geist inspiriert worden, bei einem Besuch in Thailand. Herausragende hiesige Lehrmeister wie Detlef Thürnau, heute Präsident des Muaythai Bundes Deutschland, haben das ihrige getan. Seither kämpft der Opel-Mitarbeiter im und außerhalb des Rings auch um die Anerkennung seines Sports und der dazugehörigen Philosophie. In aller Welt, aber vor der eigenen Haustür.
Siamesischer Volkssport wird olympisch
Muaythai gilt als eine der ältesten, härtesten Kampfsportarten überhaupt. In Thailand ist es Nationalsport, von der Beliebtheit vergleichbar mit Fußball in Deutschland. Der Sport wird auch als die „Wissenschaft der acht Gliedmaßen“ bezeichnet, da man mit beiden Fäusten, Ellbogen, Knien und Schienbeinen kämpft. Der Kampf wird wie beim Boxen vom Ringrichter entschieden, schwierigere Techniken bringen mehr Punkte. Allerdings fordern diese eine enorme Vorbereitung, Präzision, sowie Fitness. Daher ist auch das Training sehr intensiv. Der Sport ist inzwischen weltweit verbreitet, in fast 130 Ländern gibt es Muaythai-Sportler. Der deutsche Muaythai Bund hat nach eigenen Angaben annähernd 2.000 aktive Mitglieder, davon über 40% Frauen. Im vergangenen Sommer hat das Internationale Olympische Komitee Muaythai als olympische Disziplin anerkannt. Die Wettkämpfe werden voraussichtlich 2024 in Paris Teil des Olympischen Programms werden.
„Unser Sport ist jetzt olympisch – ein Ritterschlag.“
Vor eineinhalb Jahrzehnten, als er nach Rheinhessen gezogen war, um eine Familie zu gründen, fragte er beim Sportverein TV Oppenheim an, ob er mit fünf, sechs Gleichgesinnten eine Muaythai-Abteilung gründen dürfe. Er durfte. Heute besteht das „Fight Team Oppenheim“ aus über 80 Mitgliedern – Resultat der Dibabaschen Begeisterungsfähigkeit, die nach wie vor ungebrochen ist. Seit 2013 trainiert das Fight Team in einer eigenen Halle, die es in Eigenregie verwaltet und instand hält. Hier im Landes- und Bundesleistungszentrum machen sich die Thai-Kämpfer für internationale Meisterschaften fit. Seit 2019 ist Muaythai sogar olympisch. „Das war für uns der Ritterschlag“, freut sich Alexander Dibaba, „jetzt sind wir den anderen endlich gleichgestellt. Und haben es leichter, Zuschüsse zu bekommen oder Sponsoren zu finden.“
Titeljagd in Venedig
Nächstes großes Ziel des Fight Teams ist die Europameisterschaft in Venedig im kommenden Jahr. Da will Alexander Dibaba Kämpfer im Erwachsenen- und Junioren-Bereich präsentieren, die stark genug sind, Titel zu holen. Aber auch Jugendliche für den Sport zu begeistern, ist ihm ein Anliegen. So gibt er im Sommer Workshops an umliegenden Schulen. Selbst fungiert er nunmehr als Teammanager der deutschen Nationalmannschaft und ist Vize-Präsident des deutschen Muaythai Bundes.
Der Aufwand, der hinter alldem steckt, kostet nicht nur Mühen, sondern verschlingt auch Geld. Dennoch bleibt eines der wichtigsten Anliegen des Head Coaches, die Mitgliedsbeiträge im Fight Team erschwinglich zu halten. „Und wer gar kein Geld hat, aber leistungswillig ist, für den finden wir auch eine Lösung“, verspricht der Familienvater, dessen Tochter Zoe als Judoka erfolgreich ist. Denn: „Gerade in diesen Zeiten muss doch der Sport den Jugendlichen Angebote machen, damit sie sich in dieser Corona-Tristesse nicht isolieren.“ Und natürlich unterstützen auch Alexander Dibaba und sein Trainerteam das Projekt „Muay Thai against Drugs“, das Sport und Suchtprävention miteinander verbindet. Und eben die Werte vermittelt, die nicht nur im Ring, sondern auch im Beruf die Basis seines Handels bilden.
„Den Opel-Kunden begegne ich mit den Geboten des Muaythai – Fairness und Respekt.“
Im Erweiterten Kundenservice des „European Customer Engagement Center“, dem Direktion Service von Opel, ist Alexander Dibaba für die aufwendigen und kniffligen Anfragen von Opel-Kunden und Anfragen an die Geschäftsleitung zuständig. Die Härtefälle, die sich nicht so einfach klären lassen. Doch egal wie schwierig die Ausgangslage ist, das Ziel sei es, die Kunden glücklich zu machen. „Dabei begegne ich den Opel-Kunden mit den Geboten des Muaythai – Fairness uns Respekt“, erläutert er. So melden sich etwa Kunden, die Fahrzeuge mit Sonderumbauten besitzen wie Taxifahrer. Gerade für Sonderumbauten sind einige Teile nur schwer zu bekommen, doch Alexander Dibaba und seine Kollegen finden fast immer eine Lösung.
Von Aufmerksamkeit bis Heckscheibe
So habe das Team beispielsweise einem Taxi-Unternehmer aus Stuttgart mit einem Ersatzteil geholfen, der daraufhin seine gesamte Flotte auf Opel umgestellt hat, „einfach weil ihn unser Service überzeugt hat“, nennt Dibaba ein Beispiel. Ein weiteres ist das eines Oldie-Liebhabers, der bereits mehrere Jahre lang eine Heckscheibe für seinen Opel Admiral suchte – „wir haben für ihn dann eine in Schweden aufgetrieben.“ Manchmal sind es nur Kleinigkeiten, „doch die Kunden schätzen es, wenn ihnen Aufmerksamkeit zu Teil wird – zu Recht.“ Und Alexander Dibaba schätzt seine Arbeit: „Ich kann jeden Tag etwas zum Positiven wenden und dazu beitragen, dass aus Opel-Fahrern, loyale Kunden der Marke werden.“ Das Kämpferherz von Alexander Dibaba schlägt aus Überzeugung – für die Marke mit Blitz und den Thai-Kampfsport mit Haltung.
März 2022