– Magdalena Seeberg –
Ob sie auf ihren Wegen auch mal an einen Punkt kam, an dem sie aufgeben wollte? Magdalena Seeberg überlegt nur kurz: „Vor dem Start, ja, da habe ich Respekt – und manchmal Zweifel, ob ich es schaffe.“ Aber am Berg, wenn sie im Felsen, in Eis und Schnee und bei Minusgraden kaum noch vorankommt, der Wind pfeift und der Gipfel noch unendlich weit weg scheint, „da bin ich ausschließlich auf den nächsten Schritt konzentriert, sodass ich an gar nichts anderes denken kann – auch nicht ans Aufgeben.“
Die Einstellung hat die passionierte Bergsteigerin auf die höchsten Gipfel Europas geführt – und die stete Konzentration aufs Vorwärtskommen hilft ihr auch im Berufsalltag. Denn in diesem betreut Magdalena Seeberg Weiter- und Fortbildungsangebote im Bereich „Learning und Mobility“. Sie unterstützt Opel-Mitarbeiter, sich auf ihre kommenden Aufgaben im Stellantis-Konzern vorzubereiten. Da gilt es, sich neuen Herausforderungen zu stellen, neu zu denken und Neues zu lernen – eben auch Gipfel erklimmen. Dabei langjährigen Opel-Kollegen Mut zu machen, ist Magdalena Seeberg ein besonderes Anliegen. „Warum soll man nicht mit 56 Jahren nochmal ein Master-Studium absolvieren? Das kann doch nicht nur herausfordernd, sondern auch sehr reizvoll sein“, findet sie. Außerdem engagiert sie sich leidenschaftlich im „Women of Stellantis“-Netzwerk. Sie berät speziell Kolleginnen zum Thema Weiterbildung, gibt Anregungen und Hilfestellungen.
Im April 2022 wird Magdalena Seeberg 64 Jahre alt – und wenn alles klappt, wird die vierfache Großmutter im Sommer den Dom besteigen, einen 4.545 Meter hohen Gletscher in den Walliser Alpen. Und auch danach wird noch lange nicht Schluss sein mit ihren Gipfelerstürmungen. „Ich versuche, jedes Jahr mindestens eine große Aufgabe zu meistern.“ Bis sie siebzig ist. „Ab da, sagen Sportmediziner, sei es angezeigt, nicht mehr ganz so hoch hinaus zu wollen.“
Ein Sommer voller Berge
Ihr alpines Meisterstück hat sie bereits im Sommer 2018 vollbracht. Da bestieg sie innerhalb von 25 Tagen sechs der sieben höchsten Gipfel der sieben Alpenländer. Den siebten, den Großglockner in Österreich, hatte sie bereits drei Jahre zuvor bewältigt. Die „Seven Summits“ der Alpen bezwingen, das bedeutet: drei Viertausender erklimmen, den Gran Paradiso, die Dufourspitze und den Montblanc. „Um diese Höhen zu erreichen, muss man sich vorher akklimatisieren, um mit dem geringeren Luftdruck und weniger Sauerstoff auszukommen. Das dauert mindestens zwei Tage, manche gewöhnen sich auch nie daran.“
Sieben Länder, sieben Gipfel
Sieben Alpenländer und ihre höchsten Gipfel: Als „Challenge“ entdeckt und in nur 26 Tagen bewältigt wurden sie vom deutschen Bergführer Alexander Römer im Jahr 2010. Seitdem erfreut sie sich in der Bergsteigerszene großer Beliebtheit. Bei den sieben Aufstiegen müssen 16 Höhenkilometer überwunden werden, zwischen den einzelnen Zielen liegen rund 3.000 Kilometer – die Bergkette der Alpen erstreckt sich immerhin vom Ligurischen Meer bei Korsika bis nach Slowenien.
Den Großglockner, vor allem bei Kletterfreunden beliebt, hatte Magdalena Seeberg bereits erklommen. So blieben noch sechs Gipfel. Den Anfang machte im Juni 2018 der Gran Paradiso in Italien. Start um 4.30 Uhr morgens, dreieinhalb Stunden Aufstieg inklusive Gratkletterei. Seebergs‘ Fazit: „4.000 Meter Höhe – kann ich.“ Also nahm sie nach einigen Vorbereitungstouren im Juli als nächstes den anspruchsvollsten Gipfel, den Mont Blanc, ins Visier: „Über die Gonella-Route. Die ist zwar länger, und Kräfte zehrender, aber nicht so überlaufen.“ Nach Passagen in Dunkelheit mit Stirnlampe, vorbei an Gletscherspalten, 40 Grad-Anstiegen mit Pickel steht sie morgens um 7.40 Uhr auf dem Gipfel. Bereits 14 Tage später folgte die Tour auf den Grauspitz, Passagen über abschüssiges Geröll machten die Tour knifflig.
Den technisch anspruchsvollsten, aber auch lohnenswertesten Gipfelsturm bietet die Dufourspitze: Den steilen, schmalen, langen Aufstieg inklusive luftiger Kletterei am Gipfelgrat bei eisigen -15 Grad entschädigt ein gigantischer Blick über die Schweizer Alpen. Zwei Touren standen noch aus: Die Zugspitze erklomm die Kollegin „spontan und allein“. Das Finale erfolgte dann im Oktober. Mit einem Bergführer bestieg sie den Triglav, das Dach Sloweniens, Auf- und Abstieg dauerten zehn Stunden. Seither steht der Name Magdalena Seeberg im virtuellen „7S“-Gipfelbuch.
Der technisch anspruchsvollste der sieben Berge ist nicht etwa der Montblanc. Am härtesten fordert die Dufourspitze: Da wird der Gipfel erst am vierten Tag in Angriff genommen. Um zwei Uhr nachts wird gestartet, mit Stirnlampe am Helm den Gipfelgrat hinaufgeklettert. Bei eisigem Wind und 15 Grad minus dauert es fünf Stunden, bis die Seilschaft oben ist.
„Man kann sich immer hohe Ziele
setzen – das ist keine Frage des Alters.“
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Wie Magdalena Seeberg, geboren in Göttingen, also eher Flachländerin, zu dieser luftigen Leidenschaft kam? „Ich war schon immer sehr sportlich, bin vor allem viel Mountainbike gefahren, auch alpin.“ Vor einigen Jahren entschloss sie sich, einmal den „Sentiero Roma“ zu bewältigen, eine der schönsten Hochgebirgs-Trekkingtouren der Alpen. Dabei kam sie in Kontakt mit dem Liechtensteiner Alpenverein, dem sie mittlerweile angehört – und der sie auch mit der „Seven Summits“-Challenge bekannt machte. Dass sie im gleichen Jahr, in dem sie diese meisterte, auch ihr 60. Geburtstag anstand, war kein Zufall. „Ich wollte zeigen, dass man sich immer hohe Ziele setzen kann – das ist keine Frage des Alters.“
März 2022