Er hat ihnen alle im Eisenacher Werk die Hand geschüttelt: Bundeskanzler Helmut Kohl 1990 und 1992, Umweltministerin Angela Merkel 1996 und US-Präsident Bill Clinton 1998. Jetzt, anlässlich des Festaktes zum dreimillionsten in Eisenach gefertigten Opel, war es Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht, die Matthias Rochau die Hand reichte.
Und das kommt nicht von ungefähr, denn der gelernte Fahrzeugelektriker war beim Start der erfolgreichen Opel-Geschichte in Eisenach dabei. Als am 5. Oktober 1990 der erste Opel, ein Vectra, von der Montagelinie fuhr, hatte der damals 25-Jährige die Lautsprecher und andere Innenverkleidungsteile eingebaut. Dem 3.000.000, einem ADAM, half der heute 49-Jährige in seiner jetzigen Funktion als Bereichsbetriebsrat der Fertigung-Endmontage mit über die Linie.
In den Jahren dazwischen ist einiges passiert am traditionsreichen Automobilstandort Eisenach. 1983 fängt Matthias Rochau als Fahrzeugelektriker im Wartburgwerk an. Er gehört im Sommer 1990 zu den ersten 120 Mitarbeitern, die von der Opel-AWE-Planungs-GmbH übernommen werden, am 4. Oktober 1990 wird er offiziell eingestellt. Als Werker baut er den Vectra mit zusammen. „Das war eine verrückte Zeit“, erinnert er sich. „Es herrschte Aufbruchsstimmung.“ Auch wenn die Bedingungen alles andere als einfach waren. Asphaltierte Straßen gab es noch nicht im Werk, überall wurde gebaut. Als erstes die Lackiererei und der Rohbau. Da das ganze Gebiet Schwemmland ist, mussten Pfähle in den Boden gerammt werden, die dann mit Beton ausgegossen wurden. Das ganze Werk steht somit praktisch auf Pfählen. „Klein-Venedig“, schmunzelt Matthias Rochau. Die Mitarbeiterautos standen auf unbefestigten Parkplätzen. Regnete es, holten sie ihre Gummistiefel aus dem Kofferraum, um trockenen Fußes an den Arbeitsplatz zu gelangen. Nach Feierabend zogen sie ihre Autos aus dem Schlamm. Dafür arbeiteten die Werker jetzt mit Werkzeugen, „die wir bis dahin nur vom Hörensagen kannten“. Elektro-Schrauber? „Wir haben mit dem „Driller“ per Hand geschraubt.“ Noch heute besitzt Matthias Rochau die wahrscheinlich einzig verbliebene Fahrzeugbegleitkarte vom Vectra. Die damalige Bibel des Fahrzeugs, in der alle Arbeitsabläufe per Hand abgestempelt wurden.
An solche Geschichten musste er denken, als um 11.30 Uhr der dreimillionste Opel in einem der modernsten Automobilwerke der Welt vom Band lief. Und an seinen Weg, der ihn vom Werker, über Teamsprecher, Meisterschule bis zum hauptberuflichen Betriebsrat führte. „Es ist immer wieder schön, ein Jubiläum miterleben zu dürfen. Wichtiger ist aber, dass es hier weitergeht und die Arbeitsplätze der Mitarbeiter sicher sind.“ Für die Zukunft wünscht er sich, „die Automobiltradition in Eisenach fortzuführen und eine Vollauslastung des Werks, um wirtschaftlich auf einem gefestigten Fundament zu stehen“.
Am 4. Oktober 2015 feiert Matthias Rochau mit etwa 70 Kollegen der ersten Stunde das 25-jährige Betriebsjubiläum. „Opel ist mein Arbeitgeber, aber wenn man das Werk von Anfang an praktisch mitaufgebaut hat, ist es natürlich ein Stück weit mehr. Man hat eine starke Verbundenheit zum Werk, unabhängig von der Position, die man begleitet. Ich freue mich auch schon auf den Viermillionsten.“ Mal sehen, wer ihm dann die Hand schüttelt.