Zur Person
Phil Kienle wurde am 14. Dezember 1962 in Columbus, Ohio (USA), geboren. Er begann seine Laufbahn bei GM 1986 als Associate Manufacturing Engineer. Kienle stieg schnell in der Produktionsorganisation auf und bekleidete zahlreiche Funktionen an verschiedenen Unternehmensstandorten von General Motors in den USA, bis hin zum Werksleiter des Lansing Grand River-Fertigungswerks.
Zuletzt war Kienle Vice President Manufacturing GM China und GM International (GMI). Seit 2007 verantwortete er bei GMI Aufgaben im Bereich Manufacturing unter anderem in Korea, Australien, Afrika, Asien, Usbekistan und China.
Opel Post: Herr Kienle, Sie haben mehr als 30 Jahre Erfahrung bei GM. Wie hat sich das Unternehmen aus Ihrer Sicht verändert?
Phil Kienle: Wir sind viel besser darin geworden, best pratices – also Erfolgsrezepte – in der Organisation weltweit zu teilen. Mit Jim DeLuca an der Spitze des Globalen Manufacturings nutzen wir besser aus, dass wir in verschiedenen Regionen der Welt produzieren. Aus meiner Sicht hat sich die Zusammenarbeit im Konzern insgesamt deutlich verbessert.
Können Sie ein Beispiel nennen?
Die eingeführten Prozesse im Bereich Sicherheit sind heute viel besser als in der Vergangenheit – trotz des tödlichen Arbeitsunfalls kürzlich hier in Rüsselsheim. Der tragische Unfall zeigt, dass weitere Besserungen nötig sind. Aber wir bewegen uns in die richtige Richtung. Ich bin zuversichtlich, dass wir große Fortschritte machen, wenn wir auf dem eingeschlagenen Kurs bleiben. Zudem haben wir das Thema Produktivität in den Fokus genommen. Besonders in Europa ist extrem viel passiert. Trotzdem können weiterhin alle Werke ihre Produktivität zusätzlich verbessern. Der Moment, in dem wir sagen, es geht nicht besser, ist der Moment, ab dem wir verlieren.
Sie sind jetzt seit einigen Wochen in Deutschland: Wir gefällt es Ihnen, hier zu leben und zu arbeiten?
Ich komme direkt aus Singapur. Dort scheint jeden Tag die Sonne. Das ist hier nicht der Fall, stimmt’s? Aber der Frühling hier ist wirklich großartig. In Deutschland sind die Menschen sehr freundlich und ich bin überrascht, wie viele von ihnen englisch sprechen. Und ich hatte nicht mit so einer großen kulturellen Vielfalt gerechnet. Das Miteinander hier ist offen und einladend. Bisher habe ich ausschließlich gute Erfahrungen gesammelt.
Sprechen Sie schon etwas deutsch?
Nein, aber ich werde versuchen, deutsch zu lernen. Ich habe es geschafft, genügend koreanisch und chinesisch zu lernen, um in diesen Ländern durchzukommen. Es hat sogar gereicht, um einen chinesischen Führerschein zu machen. Daher hoffe ich, dass ich mir auch deutsche Grundkenntnisse aneignen kann. Aber ich muss zugeben, dass ich kein Sprachenmensch bin. Sprachen zu lernen fällt mit schwer, leider. Andererseits ist es ein Zeichen von Respekt gegenüber den Opel-Mitarbeitern und gegenüber Deutschland, dass ich mich bemühe, so viel deutsch wie möglich zu lernen.
Was hat sie motiviert, Ingenieur zu werden?
Meinen Bachelorabschluss habe ich in Umweltingenieurswesen gemacht. Ich hatte eine Leidenschaft für Umweltthemen. So bin ich Ingenieur geworden. Direkt nach dem College habe ich bei GM als Umweltingenieur angefangen. Seither hat GM eine Menge gemacht, um seine Ökobilanz zu verbessern.
Sie leiten unsere Modelloffensive auf der Fertigungsseite: Was fehlt aus Ihrer Sicht im Produktportfolio von Opel/Vauxhall?
Wie GM insgesamt sind auch wir in Sachen SUV-Auswahl etwas schwach auf der Brust. Wenn ich aber sehe, was in den kommenden Jahren geplant ist, füllen wir diese Lücke recht schnell. Trotzdem würden wir uns bestimmt alle wünschen, schon jetzt einige SUVs auf den Markt bringen zu können.
Wie sieht Ihr Traumwagen aus?
Ich mag Sportwagen. Der GT Concept gefällt mir besonders gut. Ich habe sechs Jahre lang Corvettes produziert. Das war einer meiner besten Jobs. Es wäre großartig, wenn wir einen Business Case hätten, um den GT Concept zu bauen. Aber die Entscheidung liegt nicht bei mir.
Wie gefällt es Ihrer Familie in Deutschland?
Das müssen wir noch herausfinden, denn meine Familie ist noch nicht hier. Meine 19-jährige Tochter studiert in den USA. Meine Frau und meine jüngere Tochter sind noch in Singapur. Sie werden zum Beginn des Schuljahres im Herbst nach Deutschland kommen.
Berufsbedingt reisen Sie viel. Reisen Sie auch im Urlaub gerne um die Welt?
In Europa gibt es so viele schöne Orte zu sehen. Wenn wir verreisen, werden wir also in Europa bleiben. Darauf freue ich mich. Denn zuletzt musste ich beruflich sehr viel reisen. Ich war oft drei Wochen pro Monat unterwegs. 15-Stunden-Reisen one-way zum Zielort waren keine Seltenheit. Wir waren mitunter ganze Wochen auf Tour zwischen den einzelnen Werken und Standorten.
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„Ich mag Sportwagen. Der GT Concept gefällt mir besonders gut.“
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„Ich war in Eisenach, Kaiserslautern und Ellesmere Port. Geplant ist, bis Mitte Mai alle europäischen Werke besucht zu haben.“
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Haben Sie schon Werke in Europa besucht?
Ja, ich war in Eisenach, Kaiserslautern und Ellesmere Port. Geplant ist, bis Mitte Mai alle europäischen Werke besucht zu haben. Dabei will ich insbesondere die Arbeitsabläufe und die jeweiligen Herausforderungen verstehen. Ich sehe mir die Vor- und Nachteile aller Arbeitsabläufe an, suche nach Möglichkeiten und Stärken, die wir andernorts nutzen können.
Dr. Karl-Thomas Neumann ist bekannt für seine Affinität zu und seine Aktivitäten in sozialen Medien. Was denken Sie über soziale Netzwerke und wie nutzen Sie sie?
Ich gratuliere KT für sein Engagement in den sozialen Medien. Im Vergleich zu ihm bin ich in diesem Bereich ein Laie. Ich habe immerhin ein LinkedIn Profil, das ich beruflich nutze.
In Ihrem Lebenslauf entdeckt man eine ziemlich große Lücke: Erst 13 Jahre nach Ihrem Bachelor haben Sie ihren Master gemacht. Sie waren bereits 36 Jahre alt. Wie ist es dazu gekommen?
Oh, war die Pause so lang? (lacht) Für mich persönlich war dies der perfekte Weg. Ich habe in meiner College-Zeit immer gearbeitet und hatte das Glück, im letzten Sommer meines Studiums ein Praktikum bei GM zu bekommen. Danach hatte ich genug von Schule. Ich war damals sehr froh, meine College-Ausbildung abzuschließen und wollte keinen höheren Abschluss anstreben. Aber nach einiger Zeit im Beruf habe ich gemerkt, dass Wettbewerber um weitere Karriereschritte mir etwas voraus hatten. Der Master war der Preis, den ich bezahlen musste, um wettbewerbsfähig zu bleiben.
Opel beschäftigt heute auch viele Studenten. Können Sie Ihnen ebenfalls eine Pause zwischen dem Bachelor- und dem Masterabschluss empfehlen?
Ja, definitiv. Ich weiß zwar nicht, ob die Pause so lange sein sollte wie bei mir. Aber ich habe im Masterstudium in jedem Fall sehr viel gelernt. Und generell gilt, dass man nie zu alt zum Lernen ist.
Die letzte Frage des Interviews bezieht sich traditionell auf Ihr erstes Auto…
Das erste Auto, das ich mir gekauft habe, war ein Pontiac Grand Am. Es war schwarz. Seinerzeit fand ich das Styling sehr aggressiv. Es war ein Zweitürer, mit dem Spritztouren wirklich Spaß gemacht haben.
Stand April 2016