Vor 70 Jahren: Rüsselsheim bereitet sich aufs Wirtschaftswunder vor – mit einem neuen Presswerk, einem modernisierten Fuhrpark für den innerbetrieblichen Transport und neuen Kräften für die Lehrwerkstatt.
Die komplette Ausgabe zum Download: Die Opel Post Ausgabe 4/1952
Ostern, Goethe und neue Pressen
Im April 1952 gestaltet die Opel Post-Redaktion den Einstieg in ihr Heft betont österlich und feierlich, lädt mit ihrem Titelbild zum Besuch eines Gotteshauses und, damit verbunden, auch zur inneren Einkehr angesichts der nahenden Feiertage. Besinnlich geht es auch weiter: Auf Seite 2 ist der berühmte „Osterspaziergang“ von Johann Wolfgang von Goethe abgedruckt: „Vom Eise befreit sind Strom und Bäche…“ Wer will da nicht sofort den Selbsttest starten, was von den Reimen noch hängengeblieben ist, die er einst in der Schule büffeln musste?
Danach aber geht’s zügig zur automobilen Sache. Die „Opel Post“ präsentiert Bilder vom neuen Presswerk, das in Rüsselsheim gerade entsteht und in einigen Monaten seinen Betrieb aufnehmen soll. Die ersten Pressen und elektrischen Anlagen sind bereits montiert und auch einige große Rohrleitungen bereits verlegt.
Beeindruckend: Der Blick von den Fundamenten der Pressen bis hoch zu den Kranbahnen.
Zug um Zug in eine neue Zeit
Nicht nur leiser als ihre Vorgänger: Die neuen Kippwagen sind auch wendiger.
In den innerbetrieblichen Transportabteilungen halten zunehmend neue Generationen von Hubwagen, Schleppern, Staplern et cetera Einzug. Die werden zum Teil elektrisch betrieben, aber auch noch mit sogenanntem „Permagas“, das erst in einigen Jahren von der Bildfläche verschwinden wird. Vor allem Kippwagen werden im Alltagsbetrieb benötigt: Zum Transport von Müll, Farbresten und Bauschutt sind 241 dieser Vehikel im Einsatz, 32 transportieren Schmiedegerät, 107 Messing- oder Graugussspäne. Für Wartung und Reparaturen ihres Fahrzeugs und Geräteparks steht der Transportabteilung eine eigene Werkstatt zur Verfügung.
Der letzte Schrei: Ein elektrisches Hebe- und Transportfahrzeug für Holzzuschnitte.
Frische Kräfte fürs Wirtschaftswunder
Auch wer bei Opel später mal im Büro sitzt, sollte wissen, was Industriehandwerk wert ist. Darum üben sich künftige Kaufleute auch im Feinbohren (Foto oben rechts).
Das deutsche Wirtschaftswunder will vorbereitet werden. Dafür braucht es frische Kräfte. Zum 1. April 1952 sind wieder rund 500 Lehrlinge eingestellt worden. Bewerbungen lagen der Personalabteilung mehr als doppelt so viele vor. Viele stammten von engen Verwandten von Werksangehörigen, da fiel es doppelt schwer, Absagen zu formulieren.
Damals wie heute zählt die Ausbildung bei Opel zum Besten, was sich zum Start ins Berufsleben mitnehmen lässt. Auch die kaufmännischen Lehrlinge absolvieren seinerzeit erst einmal einen „gewerblichen Grundlehrgang“. Dieser soll ihnen ein „Begriff für alle handwerklichen Arbeiten“ vermitteln, sie aber auch „betriebsnah erziehen“.
Kreide und Schiefertafel kennen die Opel-Auszubildenden des gewerblichen Fachunterrichts (links) noch aus der Schule. Das Zeichnen am Brett ist für viele Neuland.
April 2022