Schneidermeister Hummel war der erste Opel-Kunde. Als der technisch interessierte Rüsselsheimer im Herbst 1862 seine in wochenlanger Handarbeit gefertigte Nähmaschine in Empfang nahm, begann auch die Geschichte der Firma Adam Opel. Erst 40 Jahre später, zu Beginn des 20. Jahrhunderts, wurde Hummels erste Nähmaschine durch eine neue ersetzt. Zu diesem Zeitpunkt war aus dem Betrieb des jungen Mechanikers Adam Opel ein expandierendes Unternehmen von Weltruf mit Fahrrad- und Automobilbau-Sparte geworden.
Industrielle Revolution
Die neuartige Technologie der Nähmaschine hatte der Schlossergeselle Adam Opel während seiner Wanderzeit kennengelernt, die ihn fünf Jahre durch Europa führte. Über Lüttich und London war er nach Paris gekommen, wo er eine Anstellung beim weltgrößten Hersteller von Nähmaschinen, der Firma „F. Journeaux & Leblond“ erhalten hatte. Zurück in Rüsselsheim, nahm die steile Karriere ihren Anfang in einem leer stehenden Kuhstall. Den hatte ein Onkel mütterlicherseits dem Neffen Adam überlassen und darüber hinaus mit einem Darlehen die Existenzgründung ermöglicht.
Der 25-jährige Adam Opel verließ die zu eng gewordene Werkstatt des Vaters Philipp Wilhelm, bei dem er das Handwerk gelernt hatte, und eröffnete nach dem Kauf von Werkzeugen und Rohstoffen im Herbst 1862 seine eigene Firma. Die Geschäfte der jungen Firma liefen zuerst nur schleppend, die Nachfrage im Frankfurter Umland war gering. Mit dem Krieg zwischen Preußen und Österreich im Jahr 1866 ging jedoch unverhofft der Aufstieg einher: Das Militär benötigte viele, schnell produzierte Uniformen. Am 10. April 1863 erschien im Groß-Gerauer Anzeiger die erste Annonce: „Adam Opel, Mechaniker in Rüsselsheim, empfiehlt selbst gefertigte Nähmaschinen aller Art, nach der neuesten Construction, zu festen und billigen Preißen.“ Die industrielle Revolution war in Rüsselsheim angekommen.
Expandierendes Unternehmen
Peter Schäfer und Adams Bruder Georg waren die ersten Mitarbeiter der Firma Opel, der weitere Aufstieg folgte in schnellen Schritten: im Sommer 1867 kaufte Adam Opel nahe des Rüsselsheimer Bahnhofs einen Acker, auf dem er sein erstes Fabrik- und Verwaltungsgebäude errichtete. Die Gleise vor dem Werkstor bedeuteten den Anschluss an die Welt. Am 17. November 1868 heiratete Adam Opel Sophie Marie Scheller. Fünf Söhne – Carl, Wilhelm, Heinrich, Friedrich und Ludwig kamen zur Welt. Als Adam Opel 1884 erneut nach Paris reiste, begegneten ihm in den Straßen die ersten Hochräder. Zwei Jahre später bot die Nähmaschinen-Fabrik von Adam Opel auch Fahrräder an – das nächste Kapitel in der Firmengeschichte hatte begonnen.
Zwei Mitarbeiter zählte die Nähmaschinen-Werkstatt Adam Opel in ihren Anfängen, zehn Jahre später waren es bereits 100 und 1889 mehr als 1000 Arbeiter und Angestellte. Der Firmengründer hatte bereits 1872 sozialpolitische Weitsicht bewiesen, als er eine eigene Fabrik-Krankenkasse ins Leben rief, einen frühen Vorläufer der heutigen Betriebskrankenkassen. Opel betrachtete die Mitarbeiter früh als Kapital, nicht als Material. Erst elf Jahre später wurde deutschlandweit die reichsgesetzliche Krankenkasse eingeführt.