„Alle wollten
damals bei Opel unterkommen.“
Georg Schäfer, 95 Jahre alt
Es war der 1. April 1934. Georg Schäfer, 14 Jahre alt, hob auf einer Baustelle gerade eine Grube aus, als seine Mutter aufgeregt mit dem Rad vorbeigefahren kam. „Du kannst bei Opel anfangen“, rief sie ihm zu. „Ich warf direkt den Spaten weg“, erzählt der heute 95-Jährige. Gerade einmal zwei Wochen später startete er seine Lehre als Betriebselektriker am Opel-Stammsitz. Damit ist Schäfer wohl einer der ältesten noch lebenden Opel-Azubis. Im Jahr des 150. Jubiläums der Berufsausbildung bei Opel Grund genug für die Opel Post, dem immer noch rüstigen und umtriebigen Rentner einen Besuch abzustatten.
EIN VIERTEL JAHRHUNDERT BEI OPEL IN LOHN UND BROT
Georg Schäfer sitzt in seinem hellbraunen Ledersessel in seiner Wohnung im Rüsselsheimer Stadtteil Königstädten. Er kann sich an seine Zeit bei Opel noch gut erinnern – schließlich stand er etwa ein Vierteljahrhundert bei der Firma in Lohn und Brot und ist ihr bis heute verbunden. Dabei war er seinerzeit gar nicht so sicher, ob es überhaupt mit der angestrebten Lehre bei Opel klappen würde. „Schließlich wollten alle beim aufstrebenden Automobilhersteller unterkommen“, sagt er. Trotzdem klappte es. Und Schäfer arbeitete sich, nachdem er aus dem Krieg zurückgekommen war, nach oben.
Voll konzentriert: Ein Opel-Lehrling in den 1940er Jahren an der Drehbank. Der Lehrmeister schaut genau zu.
Ausbildung zu Beginn des letzten Jahrhunderts: Opel-Lehrlinge beim Zeichenunterricht.
Hätten Sie ihn erkannt? Hier drückt Norbert Blüm (r.) die Schulbank.
150 Jahre
Berufsausbildung
Mit einer offiziellen Feierstunde am 12. Mai begeht Opel dieses ganz besondere Jubiläum. Mit dabei sein wird die Bundesministerin für Arbeit und Soziales, Andrea Nahles.
Sechs Fakten zur Berufsausbildung bei Opel :
1865 – gerade einmal drei Jahre nach der Unternehmensgründung – begann der erste Auszubildende seine Lehre. Adam Opel schloss den Lehrvertrag mit dem jungen Georg Klingelhöfer per Handschlag.
25.000 junge Menschen starteten seither bei Opel ins Berufsleben.
Werkzeugmacher lernte der bekannteste ehemalige Opel-Azubi, Bundesarbeitsminister a.D. Norbert Blüm. 1952 schloss der gebürtige Rüsselsheimer seine Ausbildung ab und arbeitete bis 1957 bei Opel in diesem Beruf.
700 Auszubildende beschäftigt Opel aktuell in Deutschland.
80 Prozent der Opel-Lehrlinge haben ihre Ausbildung im Abschlussjahrgang 2014 verkürzt und meldeten sich vorzeitig zur Prüfung. Die Durchschnittsnote lag bei 2,2 und damit deutlich besser als der IHK-Durchschnitt.
Ausbildung@Opel ist die von Opel-Azubis gestaltete Facebook-Seite. Sie wurde 2013 vom Bewerberportal „Karrierebibel.de“ zur besten Karriereseite der Automobilindustrie gekürt.
1955 verließ Georg Schäfer Opel und schloss sich einem Geschäftspartner an: Der Firma Dornhöfer, die seinerzeit Galvanisierungsanlagen in ganz Europa installierte. Deren wichtigster Kunde: Opel. Nicht nur das liebe Geld lockte ihn dorthin, sondern auch die Aussicht, die Welt zu sehen. „Andere mussten viel Geld dafür ausgeben, durch Europa zu kommen. Ich bekam sogar welches dafür“, sagt er.
Aus seiner eigentlichen Absicht, im Laufe seines Berufslebens nochmals zu Opel zurückzukommen, wurde nichts mehr. „Es hat sich einfach nicht ergeben.“ Obwohl es einige Angebote gegeben habe. Er ging Mitte der 1980er Jahre bei Dornhöfer in den Ruhestand – nachdem er dort viele Jahre Betriebsratsvorsitzender gewesen war.
EIN HANDSCHLAG ZÄHLT: GEORG SCHÄFER HÄLT ES WIE ADAM OPEL
Der ehemalige Opel-Azubi konzentrierte sich in den kommenden Jahren auf seine Familie und baute mehrere Häuser. Sogar mit über 90 Jahren wollte er noch einmal bauen. Seine Frau redete es ihm aber aus. Schließlich brauche es – nicht zuletzt dank Opel – Wohnraum im Rüsselsheimer Umfeld. Die Miete hat er seit der Euro-Umstellung nicht angehoben – man müsse das alles ja auch noch bezahlen können, sagt er. Und Mietverträge braucht er auch nicht unbedingt. Ein Handschlag zählt. Genau wie bei Adam Opel, der seinen ersten Azubi 1865 so eingestellt hatte.
Es ist erst wenige Wochen her, dass Georg Schäfer (95) seinen letzten Opel verkauft hat. Einen Commodore, Baujahr 1979, mit 2,5-Liter-Maschine – und TÜV.
Obwohl der vielleicht älteste noch lebende Opel-Azubi nicht mehr zum Unternehmen mit Blitz zurückkehrte, wurden die Schäfers eine Opel-Familie: Einer der Söhne des zweifachen Vaters arbeitete in Rüsselsheim. Und einer seiner Enkel tut es noch heute – im ITEZ.
Überhaupt ließ ihn Opel niemals los – nicht nur wegen seiner regionalen Verbundenheit. „Nur mein allererstes Auto 1956, das war kein Opel“. Es war ein „Brezelfenster“, also ein VW Käfer. „Für ein größeres Auto war damals kein Geld da. Später bin ich aber nichts anderes mehr gefahren als Opel“, sagt er. Es ist erst ein paar Wochen her, dass er seinen letzten Opel verkauft hat. Einen Commodore. „Mit TÜV“, wie er stolz erzählt. 1979 hatte er sich den Klassiker mit 2,5-Liter-Maschine gegönnt. 35 Jahre lang hegte und pflegte Georg Schäfer ihn, fuhr sogar bis vor einigen Jahren damit nach Berchtesgaden in den Winterurlaub. Lackiert ist das Auto, das immer noch top in Schuss ist, gold-metallic. Und das sogar zwei Mal. „Dafür habe ich damals gesorgt“, sagt er mit einem spitzbübischen Lächeln. „Man kannte sich ja. Opel, das ist eben eine große Familie.“
Text: Nico Schmidt, Fotos: Rudolf Mehlhaff