Neun Autohäuser, 200 Beschäftigte, seit Jahren unter den 20 größten Opel-Händlern Deutschlands vertreten. Doch so beeindruckend sich diese Zahlen auch lesen, zwei andere Zahlen sind noch viel stärker: 103 und 85. Vor 103 Jahren machte sich Fritz Nolte als Autopionier mit einem Fuhr- und Taxiunternehmen selbständig, zehn Jahre später schloss er mit Wilhelm Opel den Händlervertrag ab. Den Schreibtisch haben Noltes behalten.
Eine „Grand Dame“ unter den
Opel-Händlern, die keine sein will
Daran arbeitet die Seniorchefin Fritzi Bimberg-Nolte heute noch jeden Tag. „Grand Dame“ unter den Opel-Händlern? Nein, einen solchen Begriff mag die bescheidene Unternehmerin nicht hören oder lesen. Mit ihren 85 Jahren führt sie gemeinsam mit Tochter Petra Pientka die Autohäuser. Mit ruhiger Hand, klarer Stimme und Glaubwürdigkeit. Sie nennt ein denkbar einfaches Erfolgsrezept: „Wir dienen dem Kunden!“
Natürlich ist das nicht alles. Tradition erwächst aus Kontinuität. Wer bei Gebrüder Nolte seine Ausbildung absolviert, bleibt häufig bis zur Rente. Oder darüber hinaus. „Wir haben Mitarbeiter, die mehr als 50 Jahre bei uns sind und auch mit 73 noch einmal die Woche in den Betrieb kommen“, erzählt Petra Pientka. Ihre Mutter Fritzi Bimberg-Nolte empfängt soeben eine SMS. „Natürlich nutze ich moderne Kommunikationsmittel“, kommt es durchaus resolut, aber auch warmherzig hinterher. Nur mit dem Internet ist sie dann doch nicht warm geworden. Wenn Google gefordert ist, übernimmt Sabrina Lametz, die Assistentin der Geschäftsleitung.
Mut gepaart mit Disziplin
und Nächstenliebe
Frauen in Führungspositionen, heute in vielen Branchen eine Selbstverständlichkeit. Doch als Fritzi Bimberg-Nolte mit gerade 23 Jahren die Führungsverantwortung übernommen hat, der Vater war früh gestorben, durften Frauen ohne die Zustimmung des Ehemanns weder ein Konto eröffnen noch einen Arbeitsvertrag unterschreiben. Andere hätten womöglich gekniffen, für die Unternehmerin aus Iserlohn im Sauerland war das aber keine Option. Unternehmerischer Mut, eiserne Disziplin, christliche Nächstenliebe und der stete Wille, dem Kunden zu dienen – so hat sie es von Anfang an gehalten, so hält sie es bis heute.
Und, sie sagt es nicht, man hört es aber doch, der Glaube an die eigenen Fähigkeiten, der Glaube an Gott, beides hat ihr geholfen, bisweilen schlimme Situationen zu meistern und auch Tiefschläge wegzustecken. Als Lehrmädchen bei Opel-Dello in Hamburg gab es nur kaltes Wasser im Zimmer. Einmal die Woche ging es in die Badeanstalt an der Esplanade. „Moderne Technik, modernen Komfort kann ich doch erst dadurch genießen, dass ich den Vergleich zu früheren Zeiten habe“, sagt Fritzi Bimberg-Nolte.
Die Belegschaft kann eine
erweiterte Familie sein
Sie wirkt unbekümmert, während sie ihre Lehrzeit schildert, aber auch dankbar. Doch, bei Dello hat sie vieles gelernt. Außerdem, diese Feststellung betont sie deutlich, hat ihr Vater ihr vertraut, sie ermuntert, mit gerade 21 Jahren auch weitreichende Entscheidungen zu treffen. Das Auseinandersetzen mit Enttäuschungen hat sie nach und nach gelernt. Eine liegt noch nicht lange zurück. Eine Mitarbeiterin hat in die Kasse gegriffen, die Entlassung war unumgänglich. „Die Tat hat mich weniger geschockt als das offenbar fehlende Vertrauen“, erinnert sich Fritzi Bimberg-Nolte. Ein Darlehen, eine Therapie – es gibt doch immer eine Möglichkeit. Sonst sind Entlassungen beinahe ein Fremdwort bei Gebrüder Nolte. „Etwa die Hälfte unserer Mitarbeiter haben wir ausgebildet. Sie bleiben bei uns“, erläutert Petra Pientka. Die anfangs mit ihrer kommenden Rolle gefremdelt hat, zu oft war die Mutter im Unternehmen eingespannt. „Auf mich hat das gewirkt wie eine Art Eintopf. Beruf, Familie, keine klare Trennung“, erinnert sie sich. Erst mit der Zeit reifte die Erkenntnis, dass eine Belegschaft eine erweiterte Familie sein kann.
Wer bei Gebrüder Nolte seine Ausbildung absolviert, bleibt häufig bis zur Rente. Oder darüber hinaus.
Ein weiterer Schlüsselmoment liegt einige Jahre zurück. Ein Mitarbeiter hat beim Feuerwerk ein Auge verloren. Heute hätte es vielleicht gerettet werden können, damals war die Medizin noch nicht so weit. Und wieder wird die Tatkraft erkennbar, die Fritzi Bimberg-Nolte heute noch trotz einiger gesundheitlicher Einschränkungen täglich ins Geschäft treibt: Andere hätten lamentiert. Sie hat einen Mitarbeiter-Hilfsfond gegründet. Ein Rollstuhl oder andere Hilfsmittel für in Not geratene Mitarbeiter kosten eine Stange Geld, sagt sie, und es hilft doch, wenn genug davon da ist. Für sich selbst gibt sie nicht viel aus.
Im hohen Alter bleiben Krankenhausaufenthalte nicht aus. Loslassen? Kann sie. Nicht an Autos denken? Kann sie nur fast. „Dann ruft hier eine Krankenschwester an, wir sollen jemanden mit zwei, drei Kaufverträgen schicken“, schildert Petra Pientka die doch eigenwillige Verkaufsarbeit ihrer Mutter.
In den letzten Jahren hat die Autohausgruppe Gebrüder Nolte das Portfolio verbreitert. Dabei stand der Wunsch nach nochmals besserer Kundenbindung nicht so sehr im Vordergrund wie der Wunsch, den Mitarbeitern kriselnder Wettbewerber die Arbeitslosigkeit zu ersparen. Die Iserlohner, Hemeraner, Schwerter, Hagener, Lüdenscheider und Gevelsberger können aus einem großen Angebot wählen. Legen sie aber den Schlüssel auf den Tisch und kommt die Frage nach dem Woher, lautet die Antwort: „Na, von Opel-Nolte natürlich!“
Buchtipps: Leben und Wirken von Fritzi Bimberg-Nolte
Beide Bücher behandeln das Leben und Wirken von Fritzi Bimberg-Nolte. Nun lesen sich abenteuerliche Biographien von Unternehmen, die zwei Weltkriege und diverse Krisen überdauert haben, häufig spannend. Doch in diesem Fall liegen die Dinge sehr speziell. „Da hinten wird es schon wieder hell…“ ist 2014 zum 100-jährigen Bestehen der Autohausgruppe Gebrüder Nolte erschienen. Es erzählt die Geschichte der Pionierin, die in einer Zeit, in der Frauen zur Eröffnung eines Kontos die Erlaubnis ihres Mannes benötigten, in unternehmerische Verantwortung kam und bis heute erfolgreich ist. Die heute 85-Jährige will nicht belehren, sie beschränkt sich darauf zu erzählen, wie sie lebt und woher sie die Kraft nimmt, die ihr auferlegten Bürden zu tragen.
Im zweiten Band „Ein halber Segen reicht für ein ganzes Leben“ taucht Opel dann nur am Rande auf. Einmal gibt der Verlobte unterwegs einen BMW V8 in Zahlung, weil es ihm angemessener erscheint, im Opel Rekord in Iserlohn vorzufahren. Doch das sind nur Facetten einer Haltung, die sich in Sätzen wie diesem manifestiert, Seite 95: „Wenn ich heute junge Leute sehe, die vieles ausprobieren, ohne dabei ein erkennbares eigenes Ziel zu haben, bedaure ich, dass es ihnen meiner Ansicht nach an der notwendigen inneren Ausrichtung fehlt.“ Zwei spannende und wunderbar geradlinig geschriebene Juwelen in Buchform, voller Weisheit und Güte. Bestellt werden können sie für 16,80 Euro respektive 19,95 Euro plus Versand direkt über die Gebrüder Nolte GmbH & Co KG:
Gebrüder Nolte GmbH & Co KG
Sabrina Lametz
Mendener Straße 17-23
58636 Iserlohn
Stand Mai 2017