Kann es für einen Automobilhersteller eigentlich bessere Werbeträger als Fahrschulen geben? Diese werden schließlich fast nur von jungen Menschen besucht, die im wahrsten Sinne des Wortes „Einsteiger“ ins automobile Leben sind. Somit sind sie noch nicht auf ihre künftige Marke festgelegt – und lassen sich noch entsprechend begeistern. Für Frank Ockstadt ist es nie eine Frage gewesen, mit welchem Emblem er seine Schüler zuerst vertraut macht: dem Blitz.
Und das nicht nur, weil er Rüsselsheimer ist. Opel ist fester Bestandteil des Ockstadtschen Genpools. Großvater Wilhelm senior hat im Werk einst als Werkzeugmacher gearbeitet, Vater Wilhelm junior war zunächst Polizist, dann Opel-Verkäufer – und gründete vor fast 50 Jahren die Fahrschule Ockstadt, die bis heute Opel zur Ausbildung nutzt. Sein Sohn Frank stieg 1987 ins Geschäft ein – weil man erst mit 23 Fahrlehrer werden darf, absolvierte er zuvor eine Berufsausbildung bei Opel.
REKORD, KADETT, ASCONA … UND ALS HIGHLIGHT DER INSIGNIA
Mit welchem heute klassischen Opel Vater Willi das erste Mal mit seinen Schülern das berühmt-berüchtigte Rückwärts-Einparken übte, kann der Sohn gar nicht mehr genau sagen: „Ich bin ja nur ein Jahr älter als unser Betrieb. Aber es wird wohl ein Rekord gewesen sein.“ Ab 1967 ist die Modellpalette in Bildern dokumentiert: Kadett, Ascona, Vectra fuhren alle auch mit dem Schriftzug der Fahrschule Ockstadt durch die Lande.
Ein Highlight sei ohne Frage der Insignia gewesen. „Ich gehörte zu den ersten, die überhaupt einen besaßen“, erzählt Frank Ockstadt. „Die Leute haben sich auf der Straße rumgedreht, wenn wir um die Ecke bogen.“ Und viele Schüler gingen mit dem Traum nach Hause, sich einmal einen Insignia zuzulegen. Irgendwann halt – denn als erste Anschaffung kommt er für die meisten Führerscheinneulinge noch nicht infrage.
»Unser Berufsstand könnte
noch viel mehr für
die Marke Opel tun.«
Was der ideale Opel wäre, der Anfänger oder junge Fahrer so begeistern könnte, dass sie direkt auf ihn umsteigen, sobald sie die Fahrerlaubnis in den Händen halten? Na klar – der ADAM. „Aber den gibt es bislang noch nicht als Viertürer. Und Fahrschulautos müssen nun mal viertürig sein.“ Aktuell schult Frank Ockstadt auf Zafira, für Unterweisungen mit Automatik-Getriebe nutzt er einen Corsa.
COVERBOY FÜR GM-PLAKAT
Darüber hinaus startet er mit Unterstützung von Freunden und Bekannten im Unternehmen und im Autohaus Jacob immer mal Aktionen, um den jungen Menschen die Opel-Technik näherzubringen: „Vor einiger Zeit hatte ich einen Ampera hier im Betrieb, um meinen Schülern einmal ein Elektroauto vorzuführen.“ Für eine GM-Plakataktion mit Opel-Partnern posierte er auch schon mal als Coverboy: „Das war für mich Ehrensache.“ Und natürlich nutzt er seine Kontakte auch, um sich dafür einzusetzen, dass im Unternehmen wieder eine eigene Abteilung entsteht, die sich gezielt um Fahrschulen kümmert, „denn unser Berufsstand könnte noch viel mehr für die Marke tun“.
„NICHT NUR PRÜFUNG BESTEHEN, SONDERN FAHREN LERNEN“
„Meine Schüler sollen bei mir richtig fahren lernen – und eben nicht nur auf die Prüfung vorbereitet werden“, lautet sein Credo. Und das setzt er offenbar sehr erfolgreich um. Seine „Durchfallquote“ pendelt zwischen fünf und sechs Prozent. „2015 hat es erst einer meiner Schüler nicht geschafft. Wenn’s im Jubiläumsjahr dabei bleibt, wäre das natürlich super.“ Zum Vergleich: Im Bundesdurchschnitt fallen mittlerweile rund 30 Prozent aller Fahrschüler im ersten Anlauf durch. Denn die Prüfungen sind sehr anspruchsvoll geworden. Ältere Führerscheininhaber würden sicherlich staunen, was heute von Fahrschülern verlangt wird. „Die Praxisprüfung zieht sich jetzt über fast 45 Minuten hin“, erzählt Frank Ockstadt. „Da ist über die gesamte Dauer höchste Konzentration angesagt.“
RÜCKWÄRTS EINPARKEN IST KEIN HORROR MEHR
Mehr denn je achten die Prüfer heutzutage darauf, dass der Schüler aufmerksam die Verkehrssituation verfolgt. Einen Spurwechsel über drei Fahrbahnen sauber hinzubekommen, sei fürs Bestehen wesentlich wichtiger, als technische Einlagen zu beherrschen: „Man dürfte in der Prüfung sogar einen Assistenten benutzen, um rückwärts einzuparken – sofern einer an Bord ist“, erklärt Frank Ockstadt. Wenn das nicht noch ein Grund mehr ist, sich den ADAM als Fahrschulauto zu wünschen.
Text: Eric Scherer, Fotos: Andreas Liebschner/Asterion
Stand Juni 2015