Auf dem Traktor
nach Monte Carlo

Anhalter mitnehmen ist immer so eine Sache – erst recht in einem fremden Land. Doch der Pfälzer an sich ist nun einmal gutherzig und vor allen Dingen ein Mann der Tat. Also durfte der junge Mann, der mitten in Monaco eine Mitfahrangelegenheit suchte, aufsitzen. Und das, obwohl die Reisenden aus Deutschland fast am Ziel ihres Trips waren: dem weltberühmten Casino von Monte Carlo.

Über sechs Tage war die pfälzische Reisegruppe bereits unterwegs. Sie hatten Frankreich nämlich nicht in herkömmlichen Pkw durchquert, sondern auf historischen Traktoren, maximal 20 km/h schnell: einem Kramer KL 250, Baujahr 1959, einem Porsche Diesel und einem McCormick IHC D432, beide Baujahr 1963. Zu Beginn war auch noch ein Antonio Carraro di G Tigrone 3600, Baujahr 1980, mit von der Partie. Doch der Italiener mit dem Namen wie aus einer italienischen Oper hatte noch vor der französischen Grenze schlapp gemacht.

 

Das ist mal ein Tunnelblick: Die Küstenstraßen der Cote d'Azur zählen zu den Highlights der Tour

Das ist mal ein Tunnelblick: Die Küstenstraßen der Cote d’Azur zählen zu den Highlights der Tour.

 

HERRENRUNDE MIT TECHNISCHER KOMPETENZ
Gestartet war die Gruppe in Kollweiler. Rudi und Dirk Diehl sowie Hartmut Schmitt steuerten die Vehikel über den vollen Hinweg von über 1000 Kilometern, als Beifahrer assistierte Parviz Niknam, Timo Müller war der Pechvogel, der liegen geblieben war. Die Traktor-Puristen haben das entschleunigte Reisen durch Europa schon mehrfach kultiviert. Hartmut Schmitt ist bei Opel in Kaiserslautern hauptamtlicher Betriebsrat und war früher im Powertrain-Bereich tätig, Timo Müller arbeitet in der Motorenaufbereitung. Womit sie eine Menge technischer Kompetenz in die Runde einbringen. „Chefingenieur“ ist jedoch eindeutig Rudi Diehl, der auf eine fundierte Ausbildung zum Landmaschinenmechaniker zurückblickt.

Diesmal hatte sich die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen nicht nur ein mondänes Ziel ausgesucht, sondern auch wieder eine landschaftlich äußerst reizvolle Strecke. Bei Zweibrücken ging’s nach Frankreich ins Elsässische, dann an der Schweizer Grenze entlang über St. Laurent nach Grenoble, von dort über die Seealpen nach St. Tropez und Cannes, bis sie schließlich Monaco erreichten. Nicht gerührt, aber gut durchgeschüttelt nach bis zu zwölf Stunden Fahrt pro Tag, bei teils sengender Hitze.

 

Karte

 

PLÖTZLICH GING NICHTS MEHR – BIS EIN AUSWEIS HALF
Jetzt steuerten sie das berühmte Casino an, doch plötzlich ging es nicht mehr weiter. Alles was abgesperrt, überall Polizei. In der Ferne machten die Pfälzer eine äußerst staatstragend wirkende Limousine aus: Offenbar war gerade ein bedeutender Gast im Casino abgestiegen, für den großräumig abgeriegelt werden musste. Es gab kein Durchkommen.

Vor allem Rudi Diehl fluchte. „Egal, was kommt, ich fahre auf jeden Fall vor dem Casino vor“, hatte er den Reportern zuhause noch in die Notizblöcke diktiert. Und nun?

Wie gesagt: Anhalter mitzunehmen, ist immer so eine Sache. Und manchmal eine richtig gute. Der junge Mann, den die Pfälzer zwei Straßen zuvor aufgelesen hatten, zückte plötzlich einen Ausweis. „Das sind meine Freunde“, teilte er den absperrenden Polizeibeamten auf Französisch mit, „lasst sie durch.“ Minuten später fuhren die pfälzischen Trecker vor dem vielleicht berühmtesten Glücksspieltempel der Welt vor, in dem schon das Fürstenpaar Rainier und Grazia Patrizia, Aristoteles Onassis, Brigitte Bardot und Ian Fleming ein- und ausgingen.

 

ÜBER NIZZA ZURÜCK IN DIE PFALZ
Mit Hilfe des Ausweises ihres Anhalters tuckerten die Trekker kurz darauf auch noch den millionenschweren Yachthafen des Steuerparadieses entlang. Anschließend teilten sie ihrem Gast mit, dass sie nun nach Nizza weiterwollten, worauf dieser erfreut fragte: „Kann ich mit? Dort warten meine Freunde.“ Klar konnte er. Dort angekommen, stieg der geheimnisvolle Fremde vom Traktor, bedankte sich herzlich und verschwand mit einem „Au revoir“. Seinen Namen haben die Pfälzer nie erfahren. Ebenso wenig, was in seinem Ausweis stand.

Es sind Episoden wie diese, an die sich der pfälzische Trecker-Treck für immer erinnern wird. Unvergesslich bleiben werden ihnen auch die überwältigenden Landschaftseindrücke, die sich nach ihrer Überzeugung erst im Traktorentempo erst so richtig genießen lassen. Zurück ging’s über die Rue de Napoleon in und durch das Rhonetal bis nach Lyon und von dort schnurstracks in die Pfalz zurück. Wo die Gruppe es erst einmal genoss, wieder rund um die Uhr festen Boden unter den Füßen zu haben. „Zu Beginn vibrierten meine Füße auch noch, obwohl der Trecker bereits ausgeschaltet war“, berichtet Hartmut Schmitt.

 

DIE EINZIG WAHRE MOTIVATION: EINE FRAU
Bei aller Liebe zur Technik belegt diese Geschichte jedoch auch: So richtig motiviert werden echte Männer nur von schönen Frauen. Denn wie ist sie geweckt geworden, die unerschöpfliche Reiselust der nimmermüden Treckerpiloten? Rudi Diehl gesteht: „Ich habe jahrelang immer nur rumerzählt, eines Tages würde ich mit meinem Trecker nach Paris fahren. Irgendwann sagte meine Frau: Jetzt mach’s endlich oder sei still“. Da gab es kein Zurück mehr.

Also machte er sich gemeinsam mit Hartmut Schmitt und Manfred Göttel, der ebenfalls im Lauterer Motorenbau arbeitet, auf den Weg an die Seine. Die Drei kehrten so begeistert zurück, dass weitere Unternehmungen in leicht wechselnden Besetzungen folgten. So tuckerte die Herrenrunde bereits nach London, Emden und München. Und nun Monaco. Wo es als nächstes hingeht? „Mal sehen“, sagt Hartmut Schmitt. Zuhause einrosten werden die Trekker jedenfalls nicht.

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