Zur Person
Michel Flé, Jahrgang 1978, ist gebürtiger Rüsselsheimer und 1995 bei Opel als Industriemechaniker eingestiegen. Nach einem Technikerstudium arbeitet Flé inzwischen als Studio Design-Ingenieur. Den Motorsport bezeichnet er als seinen Kindheitstraum, sein größter Wunsch ist am 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring teilnehmen zu können.
Über seine Motorsport-Aktivitäten berichtet Flé auf Facebook.
Flé ist verheiratet und Vater einer Tochter. Sein Familienstammbaum im Unternehmen umfasst vier Generationen und dabei ganze 97 Jahre: Schon Urgroßvater Wilhelm Cezanne war Opelaner, im Jahr 1918 fing er als Autoschlosser in der Instandhaltung an.
Warum es gerade ein Caravan sein muss, den der Mitarbeiter der Rüsselsheimer Design-Abteilung für sein schnelles Hobby ausgesucht hat? Michel Flé zögert nicht lange mit der Antwort: „Ich habe schon immer den Caravan als das praktischere Auto empfunden, und im Motorsport liegt er auf den schnellen Geraden besser auf der Straße als ein Schrägheckwagen. Außerdem ist er ein Tick schneller als ein gleich motorisiertes Fahrzeug mit Heckklappe“, sagt er. Und fügt augenzwinkernd hinzu: „Länge läuft eben.“
Der Gewichtsunterschied zwischen beiden Karosserievarianten spielt keine Rolle, meint Flé. Der einsatzfähige Rennwagen ist ohnehin abgespeckt, nur das Nötigste ist an Bord. Beifahrersitz? Fehlanzeige. Verkleidungen und Geräuschdämmung? Nacktes Blech blinzelt den Betrachter im Innenraum an. Außen dagegen bekennt der Astra Farbe. Klassisch lackiert er ihn, Gelb und Mattschwarz. In Anlehnung an die ebenso traditions- wie erfolgreichen Opel-Rennwagen aus den Zeiten eines Walter Röhrl oder Jochi Kleint.
EIN PAAR KILO GEWICHT MEHR AUF DER HINTERACHSE TUN GUT
Ursprünglich wollte Michel Flé am 14. Mai bei der Rundstrecken Challenge Nürburgring (RCN) dabei sein, die 230 PS des Zweiliter-Vierzylinders von Kissling gefühlvoll und nutzbringend einsetzen. Aber es fehlte der zweite Pilot. Mit Interimpartner Stefan Capla ging es schließlich am 13. Juni an den Start, lange Zeit lief das Rennen für die beiden gut, doch eine gebrochene Impulsgeberscheibe an der Kurbelwelle beendete kurz vor der 15 und letzten Runde die Hoffnungen auf den Zieleinlauf. Nun wollen Flé und sein Teilzeitpartner wieder am 15. August in der Rundstrecken-Challenge angreifen.
Und sie hat eigene Regeln. „Man fährt in der ersten Runde eine Setzzeit auf der Nordschleife, die zwischen 7:30 und 14 Minuten liegen muss. In den beiden darauffolgenden Runden muss diese bestätigt werden, die Zeiten dürfen nicht mehr als zehn Sekunden abweichen, sonst gibt es Strafpunkte“. In der siebten Runde wird getankt, 100 Liter passen in den martialisch aussehenden, rechteckigen Blechbehälter im Heck. Flé lässt gerne etwas mehr als nötig einfüllen, es ist immer gut, ein paar Kilogramm Gewicht mehr auf der Hinterachse zu haben, meint er.
IMPRESSIONEN AUS DER WERKSTATT
„Meine Frau Jasmin hat das Auto Charlie Brown getauft. Die Farben und die gezackten Linien an der Außenhülle erinnern sie an die Peanuts-Comicserie.“
Michel Flé
Hier geht’s zum Charlie-Brown-Gewinnspiel
„KATASTROPHALEN SCHALTFEHLER GELEISTET“
Die Winterpause wurde genutzt, um einen Schaden zu beheben. „Beim ersten Einsatz im vergangenen Jahr habe ich mich selbst überholt“, sagt Flé. „Ich habe mir einen katastrophalen Schaltfehler geleistet und den Motor kurzzeitig auf 10.000 Umdrehungen hochgejubelt.“ Das war eindeutig zu viel, Ventiltrieb und Nockenwellen gingen zu Bruch. Jede freie Minute hat Flé in die Reparatur gesteckt. In der gemieteten Werkstatt in einer Halle im Bauerdörfchen Hessenaue, einige Kilometer südliche von Rüsselsheim gemietet, wo sonst nur Landwirte oder Ausflügler auf der Radtour ins Ried oder zur Rheinfähre am Kornsand unterwegs sind, wurde die Rennmaschine wieder auf Trab gebracht. Werkzeug, eine Hebebühne und ein Kompressor sind die unabdingbaren Bestandteile der Schrauberstube.
JEDER DER SLICKS KOSTET 400 EURO
Billig ist die Teilnahme selbst an dieser Breitensportveranstaltung nicht. Kein Vergleich zwar mit den GT3-Fahrzeugen und den teils von den Herstellern unterstützten Teams, und ein Reifen muss schon mal eine ganze Saison oder acht Rennen lang halten. Doch jeder der Slicks kostet 400 Euro, dazu der Treibstoff, Unterkunft und Verpflegung, das läppert sich, meint Flé, rund 15.000 Euro wären am Ende im Jahr ausgegeben.
Sponsoren sind daher willkommen, geben sich bei dem engagierten Opel-Motosportler Flé allerdings nicht gerade die Türklinke in die Hand. „240 potenzielle Unterstützer habe ich angeschrieben, 90 Prozent davon haben nicht einmal geantwortet, die übrigen nur Absagen geschickt“. Dabei ist der schnelle Opelaner eine Investition wert, nimmt die Sache ernst.
MIT EINER GOPRO-KAMERA NAHM ER DIE IDELALLINIE AUF
Um die 20,8 Kilometer der gerne als „Grüne Hölle“ bezeichneten Nordschleife kennen zu lernen, hat sich Michel Flé von einem Profi über den Kurs fahren lassen. Mit einer GoPro-Kamera nahm er die Fahrt auf der Ideallinie und die Kommentare seines Piloten auf, die Fahrt dann am Monitor unzählige Male abgespielt und auswendig gelernt. „150 Runden müsse man auf der Nordschleife gefahren sein, um sie zu kennen, heißt es. Zumindest in der Theorie bin ich da schon nahe dran“, sagt Flé. 37 Jahre ist er alt, das Benzin im Blut hat er von seinem Vater, einem aus Paris stammenden Franzosen geerbt. Der habe schon in seiner Jugend Auto-Cross-Rennen gefahren, der Funke sei dann sehr früh übergesprungen.
ADRENALINSCHÜBE IN FAMILIÄRER ATMOSPHÄRE
Jetzt ist Flé auf der Suche nach einem dauerhaften Beifahrer, der sich von der Herausforderung begeistern lässt. „Neben den Adrenalinschüben beim Rennen ist die familiäre Atmosphäre der Serie sehr angenehm, jeder hilft jedem und die Besucher der spannende Rennen und können teils sehr vorzeigbare Rennfahrzeuge genießen“, wirbt er für die Challenge. Sein Motto für die nächste Saison: dabei sein ist alles, aber nicht immer letzter sein. Dieser Wunsch möge in Erfüllung gehen, wenn der schnelle Opelaner in den nächsten Wochen zu den nächsten Rennveranstaltungen aufbricht.
Für den guten Zweck
„Wünsch dir was“ ist eine freundliche Aufforderung und der Name eines Vereins in Köln. Seit 26 Jahren erfüllt „wünschdirwas e.V.“ schwer erkrankten Kindern und Jugendlichen Herzenswünsche. Dabei kooperieren vier Mitarbeiterinnen und zahlreiche ehrenamtliche Helfer bundesweit mit Ärzten und Therapeuten von über 90 Krankenhäusern, Kinderkliniken, Hospizen. Opelaner Michel Flé unterstützt das Projekt mit seinem Motorsport-Hobby: Am Ende der Saison spendet er dem Verein einen Betrag, der zehn Prozent aller seiner finanziellen Ausgaben für die Rundstrecken Challenge entspricht.
Autor: Michael Kirchberger
Fotos: privat / Patrick Funk / „wünschdirwas e.V.“ / Verlag CROSS CULT
Stand Juli 2015