Herr Norman, vor wenigen Wochen war die Fußball-Europameisterschaft das große Gesprächsthema, Sie als Engländer in Deutschland mittendrin. Mit Jürgen Klopp hat Opel einen „Welttrainer“ als Markenbotschafter. Was denken Sie: Passt Kloppo zur Marke?
Absolut. Jürgen Klopp und Opel, das ist eine Verbindung, die funktioniert. Eine Verbindung, die auf Leidenschaft basiert. Und eine, die sich durchaus ausbauen lässt. Aber für mich ist auch Motorsport wichtig. Hier trifft man auf ein autobegeistertes Publikum. Als junger Mann habe ich zum Beispiel sehr bewusst wahrgenommen, welche Begeisterung Walter Röhrl im Opel Ascona ausgelöst hat. Ich denke, die Entscheidung, einen vollelektrischen Opel Rallye-Markenpokal ins Leben zu rufen, ist ein Schritt in die richtige Richtung.
Sie sind Motorsport-Fan?
Ehrlich gesagt: Persönlich interessiere ich mich nicht mal so sehr für Motorsport. Doch aus professioneller Sicht spricht vieles dafür, auch monetär. Wenn ich in ein Sponsoring investiere, muss sich das auch auszahlen. Wichtig ist auf alle Fälle: Es muss Leidenschaft dabei sein.
Inwiefern?
Sehen Sie, mein Vater war in der Lebensmittelbranche. Er hat nicht sein Leben lang in Kühlschränke geschaut, um zu sehen, was andere essen. In der Automobilbranche ist das anders: Gehe ich vor die Tür, bin ich mit den Produkten konfrontiert. Ich liebe Autos, Menschen fragen mich nach meiner Meinung, da ist jede Menge Leidenschaft im Spiel. Mehr noch: Leidenschaft ist die Hauptzutat unseres Geschäfts.
Mit welchen Zielen sind Sie bei Opel/Vauxhall gestartet?
Das Briefing, das man mir gegeben hat, war eindeutig: ‚Wir brauchen jemanden, der sich auf das Marketing fokussiert.‘ Das erwartet man von mir. Ich habe viele Jahre Erfahrung in der Branche und ich sage klar: Opel/Vauxhall ist unterschätzt, die Marke ist unterbewertet.
In Deutschland und Großbritannien hat Opel/Vauxhall zuletzt den Absatz überdurchschnittlich gesteigert. Doch in vielen anderen europäischen Ländern tun wir uns schwer. Was ist zu tun?
Opel war in vielen Ländern vorne, und wir haben es zugelassen, dass andere an uns vorbeigezogen sind. Dafür gibt es zwei Gründe. Erstens: Wir haben unsere CO2-Bilanz auf Vordermann gebracht und alle „Bad Actors“ aus dem Programm genommen – auch wenn uns das Marktanteil gekostet hat. Geschrumpft ist unser Angebot auch, weil wir radikal unnötige Komplexität aus dem Angebot genommen haben. Zweiter Grund: Beim Launch einiger Fahrzeuge war das Marketing nicht gut genug. Das ist keine Kritik an meinen Vorgängern, denn jede Zeit hat ihre speziellen Herausforderungen. Aber ich bin nicht angetreten, um vage Aussagen zu machen.
„Leidenschaft ist die Hauptzutat
unseres Geschäfts.“
Was genau muss das Marketing jetzt leisten?
Wir müssen eine klare Botschaft geben: Opel wird zu einer jungen, grünen und globalen Marke. Wir werden von „cold“ zu „cool“ – das trifft es perfekt. Und wir haben schon gezeigt, wie es besser geht. Die Einführung des neuen Mokka ist dafür ein Beispiel oder auch die des neuen Grandland. Dass sich bereits etwas zum Positiven verändert hat, und dass wir den Weg fortsetzen, dafür stehen namentlich unsere Marketingspezialisten wie Tobias Gubitz, Patrick Fourniol oder Michael Scholl. Und an vorderster Front natürlich: unser Design-Chef Mark Adams und nicht zur vergessen mein PR-Kollege Harald Hamprecht. Es sind nicht das Marketing oder der Vertrieb oder das Design und die PR, das liefern muss. Was zählt ist die Leidenschaft des gesamten, crossfunktionalen Teams.
Was kann der Einzelne tun, um das Ziel unterstützen?
Eines möchte ich betonen: Ich bin gut in der Automobilindustrie rumgekommen, ich war bei Renault, bei Fiat, bei Volkswagen. Und nirgends habe ich so fähige Menschen getroffen wie bei Opel/Vauxhall. Mein Wunsch ist: Traut euch, euer Potenzial freizusetzen und mit breiter Brust aufzutreten. Opel ist einzigartig!
Die CO2-Regularien führen zu einem reduzierten Antriebsportfolio. Wie will Opel Kunden halten, denen beispielsweise beim neuen Mokka der Allradantrieb oder eine OPC-Variante fehlen?
Oh, Sie meinen die Petrol Heads. Ich wohne in der Frankfurter Innenstadt. Da wird man nachts von vielen Autos mit schweren Motoren wachgehalten. Auch ich liebe Autos. Aber ich kann allen Petrol Heads nur sagen: Gebt der neuen Generation Autos eine Chance, sie hat es verdient. Vergangene Woche bin ich von Frankfurt nach Paris gefahren – im Opel Mokka. Die Performance, der Sound, die Technologien an Bord sind fantastisch. Und auch in unseren elektrifizierten Fahrzeugen ist die Reichweite inzwischen bereits voll ausreichend.
„Lassen Sie uns auch immer das Menschliche im Blick behalten.“
Wie wollen Sie die Opel-Händler mitnehmen, sie motivieren, sich voll und ganz für Opel einzusetzen?
Die Händler sind Vollprofis. Sie haben ein Gespür dafür, wo es Geld zu verdienen gibt – und wo nicht. Wenn unsere Produkte wie jetzt der Mokka oder der neue Astra erfolgreich sind, dann sind die Händler an Bord. Wir müssen erfolgreich vorangehen. Und das Potenzial ist da.
Opel ist die einzige deutsche Marke im Stellantis-Konzern, wie lässt sich das nutzen?
Eine deutsche Marke zu sein, ist per se positiv besetzt. Das ist eine gute Grundlage. Aber man muss genau formulieren, wofür ‚Germaness‘ steht. Nämlich für ein Auto, dass qualitativ nicht nur gut ist, sondern besser. Das sagen wir noch nicht laut genug. Wir müssen unsere Stärken klar kommunizieren.
Was wünschen Sie sich für die Zusammenarbeit?
Ich bin ein sozial eingestellter, ein bodenständiger Mensch. Ich habe gerade eine Wohnung in der Frankfurter Innenstadt bezogen. Wenn ich auf die Straße gehe, dann sehe ich mit Sorge, wie groß die Kluft zwischen Wohlstand und Armut bereits geworden ist. Wir dürfen die Menschen nicht vergessen, denen es nicht so gut geht, die nicht so robust sind und denen die vergangenen herausfordernden Monate besonders zugesetzt haben. Bei allen Aufgaben und Herausforderungen: Lassen Sie uns höflich miteinander umgehen und immer das Menschliche im Blick behalten.
Herr Norman, vielen Dank für das Gespräch!
Juli 2021