Das Prinzip ONStar
Der persönliche Online- und Service-Assistent macht das Autofahren nicht nur angenehmer, sondern vor allem sicherer: 24‑Stunden-Notrufservice und leistungsstarker WLAN-Hotspot, Ferndiagnosen, etwa für Motor oder Reifendruck, dazu Navigationsauskünfte, all das und vieles mehr ist möglich. Den europäischen Sitz hat OnStar im Londoner Stadtteil Luton. Im Call Center stehen 120 Mitarbeiter den Kunden in acht Sprachen in 13 Ländern mit Rat und Tat zur Seite – und helfen im Notfall.
PLÖTZLICH bekommt die junge mutter eine asthma-attacke im auto
Erst später kristallisierte sich heraus: Eine junge Mutter war auf dem Weg ins Krankenhaus, weil sie Brustschmerzen hatte. Ihre dreijährige Tochter war mit ihr im Auto, als die Frau plötzlich von einer schweren Asthma-Attacke erschüttert wurde. Sie hielt an und rief ihre Mutter über ihr Handy an. „Die Mutter riet ihr, den OnStar Notruf-Knopf zu drücken“, weiß Anta heute. Doch die Kommunikation gestaltete sich schwierig. Die Mutter wollte Anta über die Freisprechfunktion des Handys die Lage schildern, im Hintergrund schrie das Kind. „Ich habe kaum etwas verstanden“, sagt der 30-jährige Berater. Dann habe er sich überlegt, um welche Situation es sich handeln könnte.
ZUR PERSON
Bryan Anta kommt aus Whitby, Ontario, aus der Nähe der kanadischen Großstadt Toronto. Seit fünf Jahren arbeitet er als OnStar Emergency Advisor (Notfall-Berater). Nach der High School hat er ein Jahr lang am Durham College Kurse in Psychologie und Soziologie besucht.
2014 wurde er als „Dispatcher of the Year“ ausgezeichnet. Dieser Preis wird von den International Academies of Emergency Dispatch (IAED) an Notfall-Berater vergeben, die sich durch ihr individuelles Handeln auf ihrem Gebiet besonders hervorgetan haben und damit beispielhaft die Werte der IAED vertreten haben.
Anta ist inzwischen zum Trainer befördert worden. Der 30-Jährige gibt seine Erfahrung nun weiter und bildet selbst OnStar Notfall-Berater aus. Zuletzt in Luton (England), wo das OnStar-Call Center von Opel angesiedelt ist.
„Ich kann mein Headset auch mal einfach weglegen und fünf Minuten Pause machen“, sagt Anta über die Zeit nach schwierigen Anrufen.
Für diese Leistung ist der Kanadier 2014 von den International Academies of Emergency Dispatch (IAED) als „Notfallhelfer des Jahres“ ausgezeichnet worden. „Normalerweise erhalten diesen Preis nur Personen, die Notrufe von 911 (der amerikanischen Notrufnummer, Anm. d. Red.) entgegennehmen, Polizei, Rettungsdienste oder Feuerwehr“, erklärt Bryan Anta. Dass nun ausgerechnet er ausgewählt wurde, der sich eher als Mittler zwischen Autofahrern in Not und Rettungsdiensten sieht, freut ihn.
STOLZE ELTERN, BESCHEIDENER HELD
„Natürlich sind meine Eltern stolz auf mich“, sagt Anta, der seine Auszeichnung und die damit verbundene Aufmerksamkeit mit Gelassenheit und Bescheidenheit hinnimmt. Er habe eben immer gerne mit Menschen gearbeitet. Bevor er zu OnStar kam, habe er bereits in der Kundenbetreuung gearbeitet. Nach der Schule habe er dann ein Jahr am Durham College bei Toronto Kurse in Psychologie und Soziologie besucht. Eine gute Vorbereitung für die Arbeit als Berater bei OnStar.
Seit fünf Jahren arbeitet er nun in seinem Beruf und hat es „keine Sekunde bereut“. Angefangen hat er allerdings nicht im Notruf-Bereich, sondern wie alle OnStar-Experten in Nordamerika als genereller Berater. „Ich habe aber schnell gemerkt, dass ich lieber in den Notruf-Bereich wollte“, sagt Anta. „Ich fand es am bereicherndsten, wenn ich eine dringliche Sache zu erfüllen hatte, sogar wenn ich nur einen Anruf an das Notfall-Team durchstellen musste.“ Dort bearbeitet er ganz unterschiedliche Fälle, von Notfall-Türentsperrungen, weil sich ein Kunde im eigenen Auto eingeschlossen hat, bis zu den schwereren Unfällen.
WAS TUN, WENN HANDYS UND FUNK AUSFALLEN?
Nach einem Sturm hat Anta beispielsweise mitgeholfen, zu koordinieren, dass eine ganze Gruppe Wanderer in einem Nationalpark in den USA von den Hilfsdiensten überhaupt erreicht werden konnte. Handys und Funk waren ausgefallen, nur die OnStar-Antenne auf dem Dach eines am Unfallort zufällig vorbeifahrenden Autos funktionierte. „Bei dem Unfall gab es auch Tote“, sagt Anta und schaut auf den Boden. Es war einer dieser Fälle, die er nicht vergessen wird.
ER MUSS DIE ERLEBNISSE VERARBEITEN KÖNNEN
Berater wie Bryan Anta müssen eine bestimmte Persönlichkeit haben. Sie müssen Ruhe mitbringen und dürfen auch in Stresssituationen nicht in Panik geraten. Und sie müssen die Erlebnisse verarbeiten können. „Ich kann mein Headset auch mal einfach weglegen und fünf Minuten Pause machen“, sagt Anta über die Zeit nach schwierigen Anrufen. Dann kann er sich sammeln. Man muss sich beschäftigen, erklärt er. „In meiner Freizeit fahre ich gerne mit dem Fahrrad“, fügt er hinzu. Auch das helfe ihm, um runterzukommen.
Seine Freundin arbeitet ebenfalls als OnStar-Beraterin, erzählt er. Auch das ist eine Unterstützung im Alltag. „Es wird leichter, wenn man sich darüber austauschen kann und der andere dich ganz genau versteht.“
ROLLENSPIEL ALS TRAININGS-TOOL
Was ihm darüber hinaus hilft, ist sein Training. In Nordamerika hat Anta ein achtwöchiges Notfall-Training absolviert, hat Programme und Protokolle verinnerlicht und in Rollenspielen geübt, wie man mit Notfall-Anrufen umgeht. Doch im Detail vorbereiten kann man sich sowieso nicht. „Jeder Anruf ist anders, aber ich bin selbstbewusst, wenn es darum geht, diese Anrufe zu beantworten“, sagt er, „ich habe das Gefühl, dass ich in jeder Situation helfen kann.“
„Jeder Anruf ist anders, aber ich habe das Gefühl, dass ich in jeder Situation helfen kann.“
Bryan Anta
TRAINER FÜR DIE KOLLEGEN IN EUROPA
Vielleicht ist er deshalb auch ein guter Trainer. Denn Bryan Anta wurde vor kurzem befördert: Vom Advisor zum Ausbilder. „Wir machen viele Rollenspiele“, sagt er und unterstreicht, wie wichtig es ist, dass der Advisor sich vorstellen kann, in welcher Situation der Anrufer gerade steckt. Auch mit den europäischen Beratern, die im August in Luton ihre Tätigkeit aufgenommen haben, hatte er geübt. „Auch, wenn sich die Ausbildung der europäischen Advisors von der amerikanischen unterscheidet, eines bleibt immer gleich: der Wunsch, helfen zu können, und die Fähigkeit, sich auf ungewöhnliche Situationen am Telefon schnell einzustellen“, sagt Bryan Anta. In beidem ist er inzwischen Experte.
Text: Meike Stolp, Fotos: Charlie Magee
Stand August 2015