Der Vorname ihres Mannes ist vielen Menschen ein Begriff. Dabei wäre die Marke Opel ohne sie heute genauso wenig denkbar. Ihre Mitgift machte eine Firmengründung überhaupt möglich, und schon zu Lebzeiten von Adam Opel war sie als Prokuristin aktiv. Nach seinem Tod führte Sophie Opel die Firma fast 20 Jahre weiter. Und traf gemeinsam mit ihren Söhnen die wohl wichtigste Entscheidung der Unternehmensgeschichte: Opel zur Automobilmarke zu machen.
Zum 100. Todestag von Sophie Opel, die im Jahr 1913 starb, machte sich eine Gruppe von Frauen in der Rüsselsheimer Stadtverwaltung daran, der Mutter aller Opel eine ganz besondere Reverenz zu erweisen. Das Projekt benötigte die richtigen Akteure, eine intensive Recherche und eine große Portion Kreativität. Das Resultat: Zum Hessentag in Herborn konnte die Stadt „Die Opels in Rüsselsheim“ präsentieren, ein Band, der Sophie Opels Leben als Comic erzählt.
Illustrator Martin Stark
OPEL ALS COMIC? ASTERIX-FAN WAR SOFORT BEGEISTERT
Gezeichnet und betextet hat die Bildergeschichten der Offenbacher Illustrator Martin Stark, der vor dem Start des Projektes noch keinerlei Beziehung zu Autos oder Familie hatte, sich mittlerweile aber zu einem Sophie Opel-Experten entwickelt hat. Die Idee, das Leben eines Mitglieds der Familie Opel in Comic-Form darzustellen, begeisterte den 42-Jährigen sofort, ist er doch mit „Asterix“-Heften sowie „Tim und Struppi“-Abenteuern groß geworden. „Kultur 123, der Kulturbetrieb der Stadt Rüsselsheim, hatte mich darauf angesprochen, nachdem ich früher schon einmal für ihn gearbeitet hatte.“
Zu seinen ersten Rechercheterminen zählte eine Stadtführung mit Tanja Krenczik, die sich seit 2013 mit interessierten Besuchern auf die Suche nach noch im Stadtbild sichtbaren Spuren der Opels begibt. Auch sie zählt zu dem Team, das vor drei Jahren beschloss, die Opel-Mutter wieder stärker in den Mittelpunkt der Stadtgeschichte zu stellen. „Den entscheidenden Schritt machte damals allerdings die Opel-Familie selbst“, erinnert sich Regina Weidmann, Leiterin des Rüsselsheimer Stadtmarketings.
ANSTOSS KAM AUS DER FAMILIE
Zu Christoph, Carlo und Gregor von Opel sowie Ivonne Gräfin von Schönburg-Glauchau, die alle aus der Linie des ersten Opel-Sohnes Carl stammen und in der Region leben, sucht Oberbürgermeister Patrick Burghardt öfter Kontakt, seit er sein Amt 2012 angetreten hat, denn: „Wir müssen die Identität unserer Stadt wieder stärker betonen. Und Opel und Rüsselsheim gehören einfach zusammen.“ Die Familie verschaffte den Rechercheuren Zugang zu historischem Material, lieferte ihnen aber auch einige, bislang noch unbekannte Anekdoten, die von Generation zu Generation weitergetragen worden waren.
„Nachdem wir die Opel-Stadtführungen zum 100. Todestag etabliert hatten, suchten wir nach weiteren Ideen, diesen Schatz der Öffentlichkeit zugänglich zu machen“, ergänzt Birgit Wiese, ebenfalls im Rüsselsheimer Stadtmarketing aktiv. „Auch solche, mit denen wir jüngere Menschen erreichen können“. Wer von Damen nun den finalen Geistesblitz hatte, das Leben der Sophie Opel zum Comic zu machen, darüber schweigen die Damen sich aus: „Es war einfach Teamwork“.
Ebenso schnell waren sie sich über den Zeitpunkt einig, wann der Band erscheinen sollte: zum Hessentag im Mai. Zeichner Martin Stark war dank der guten Kontakte zum Kulturbetrieb schnell ins Boot geholt, sodass ihm rund fünf Monate blieben, um den 45 Seiten zu gestalten. „Das ist nicht viel, aber unter Druck bin ich nicht geraten,“ so der Offenbacher.
Vorlagen für Werk und Stadt des 19. Jahrhunderts fand er im Stadtarchiv, im Industriemuseum jede Menge Ansichten früher Opel-Produkte, darunter auch weniger bekannte: So konnte Stark nicht nur Klassiker wie den „Opel-Patent Motorwagen System Lutzmann“ oder den „Doktorwagen“ detailgenau nachzeichnen, sondern etwa auch eine originelle „Sonderanfertigung für Werbezwecke“, eine fahrbare Schampusflasche quasi. Oder das legendäre Dreirad, mit der sich Sophie Opel durchs Werk zu bewegen pflegte. Ebenfalls als unerschöpfliche Quelle für Stark erwies sich Heinz Zettl, ehemaliger Kommunikations- und Classic-Chef von Opel.
ZÜGE VEREINFACHEN – ABER MIT STIL
Über das dramaturgische Gerüst der Geschichte waren sich die Macher genauso flugs einig: Die Rahmenhandlung sollte im Jahr 1912 spielen, in der Villa Sophienheim, wo die nunmehr 72-jährige Sophie Opel ihrer Enkelin Elinor – sie sollte später einmal die Mutter von Gunther Sachs werden – Episoden aus ihrem Leben erzählt, und auch einige aus dem ihres Mannes.
Das sogenannte „Charakterdesign“ ging Stark wiederum in Abstimmung mit der Familie an. „Ein Comic zeigt seine Figuren ja nicht fotorealistisch,“ erklärt der Künstler, „ihre Züge werden reduziert, und zwar in einem bestimmten Stil, der konsequent durchgehalten werden muss.“ Mit den Mitarbeiterinnen der Stadt war Stark überein gekommen, dass man sich etwa auf der „Tim und Struppi“-Linie des belgischen Zeichners Hergé bewegen wollte – und zu seiner Freude gefiel dies auch Christoph und Carlo von Opel.
Mittlerweile läuft die Nachfrage nach „Die Opels von Rüsselsheim“ so gut, dass die Herausgeber überlegen, ob es nicht noch weitere Opel-Comics geben soll. Ein zweiter Band über Sophie Opel ist schwerlich denkbar, doch Martin Stark hat schon eine Idee, welches Familienmitglied ebenfalls gut comic-tauglich ist: Fritz von Opel. Der legendäre „Raketenfritz“ und sein „RAK 2“ auf der Berliner AVUS – in der Tat, eine solche Geschichte würde nicht nur Kinderherzen höher schlagen lassen.
Wo kaufen?
„Die Opels in Rüsselsheim“ sind für zehn Euro im Rüsselsheimer InnenStadtbüro (Mainstraße 7) und im Stadtbüro Dicker Busch (Virchowstraße 5–7) erhältlich. Der Comic kann außerdem bei der Buchhandlung „Kapitel 43“ in der Rüsselsheimer Innenstadt (Marktstraße 32–34) gekauft werden. Das Geschäft nimmt auch Bestellungen für die Lieferung nach Hause zuzüglich Versandkosten entgegen. Infos dazu gibt’s unter www.kapitel43.de.
Quellen: Stadtarchiv, Industriemuseum – und Heinz Zettl