Kollegen öffnen der Opel Post ihre Garagentür
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Sie kann einen völlig unvermittelt packen, die Leidenschaft für einen Klassiker. Dieter Goretzko lief im April vergangenen Jahres arglos durch die Versuchswerkstatt des Rüsselsheimer Prototypenbaus, als ihm ein Anschlag am Schwarzen Brett auffiel: Da offerierte jemand einen Opel P4, Baujahr 1935.
Eines Tages am Schwarzen Brett …
Der Konstrukteur aus dem Rüsselsheimer Rohkarosseriebau registrierte die Nachricht erst mal beiläufig, lief weiter, stutzte dann aber. Ein P4? Bislang hatte er sich in seiner Freizeit lieber Motorrädern gewidmet, aber so ein Opel-Oldie, das hätte was. „Besonders der Karosserie-Aufbau dieser alten Modelle hat mich schon immer fasziniert“, erzählt der 55-Jährige. „Der gleicht im Prinzip dem einer klassischen Pferdekutsche. Auf den Leiterrahmen wurde ein Holzaufbau geschraubt, der dann mit Blech lediglich beplankt wurde.“ Goretzko kehrte ans Schwarze Brett zurück und sicherte sich die Kontaktdaten: „Ich wollte mir den Wagen zunächst nur mal angucken.“
„Als ich den Motor
das erste Mal hörte,
war mein Interesse geweckt.“
– Dieter Goretzko –
Die ersten Fotos, die ihm der Verkäufer zusandte, sagten ihm nicht viel. Also fuhr Dieter Goretzko ein erstes Mal nach Bitburg, wo der P4 aufbewahrt war. Ihm gefiel, was er sah – „und als ich den Motor dann das erste Mal hörte, war mein Interesse geweckt. Der ist gelaufen wie ein Uhrwerk.“
Entspannter Kauf
Nachdem er ihn dann persönlich Probe gefahren hatte, war es soweit: „Ich wollte ihn haben.“ Aus der Ruhe bringen ließ er sich jedoch nicht: „So entspannt habe ich noch nie ein Auto gekauft.“ Die Verhandlungen zogen sich noch eine Weile hin, und im Herbst war es schließlich soweit. Goretzko durfte seine Neuerwerbung in sein Zuhause im hessischen Hochheim überführen.
Wegbereiter des Kadett
Der Opel P4 erblickte 1935 das Licht der Welt. Bis 1937 rollte er 65.864 Mal vom Rüsselsheimer Fertigungsband. Als kompakter Mittelklassewagen ebnete er den Weg für den Kadett, dessen Name die Marke bis 1991 prägen sollte. Gemeinsam mit dem Olympia und dem Sechszylinder Opel P6 trug der P4 entscheidend dazu bei, Opel 1935 zum größten Automobilhersteller Europas zu machen. Der Opel P4 verfügt über einige Charakteristika, die ihn bis heute so beliebt machen. Etwa der Anlasser im Fußraum. Oder der fehlende
Kofferraum des Viersitzers, an dessen Stelle allerdings eine „Kofferbrücke“ am Heck angebracht ist. Auf diese kann mit Lederriemen ein Koffer geschnallt werden. Oder ein wasserdichter Behälter. Ab Werk gab es den P4 in zwei Farben, grau und dunkelblau. Die Kotflügel waren stets schwarz lackiert. Die Speziallimousine und die Cabrio-Version verfügten zudem über ein Ersatzrad, das am rechten Kotflügel angebracht war – ebenfalls ein bis heute begehrter Blickfang. Gut erhaltene P4 werden für bis zu 40.000 Euro gehandelt.
Im anschließenden Winter war Heimarbeit angesagt: Der Opel-Kollege brachte Kupplung, Bremsen, Kraftstoffpumpe und Vergaser des Klassikers wieder auf Vordermann. Gut, dass der heutige Konstruktionsingenieur erst Universalfräser lernte, als er 1979 bei Opel anfing. „Darin enthalten war in Auszügen auch das Ausbildungsprogramm eines Werkzeugmachers, und später stand ich jahrelang an der Maschine – da beherrscht man das Schrauberhandwerk.“ Und bei einer Arbeit wie dieser lernt man auch mit 55 noch dazu: „Da werden schadhafte Teile nicht einfach ausgetauscht, wie es heute üblich ist, sondern repariert.“
Reparieren statt tauschen
Das äußere Erscheinungsbild seines P4 ließ er unberührt. Er ist noch unschlüssig, ob er daran noch was ändern wird: Einerseits sagt ihm die Patina, die der Wagen mit den Jahren angesetzt hat, durchaus zu, andererseits ist er mit dem merkwürdigen ockergelben Anstrich, dem ihm einer der zahlreichen Zwischenbesitzer mal verpasst hat, nicht so richtig glücklich. –Vielleicht doch lieber eine Originalfarbe: „Den P4 gab’s zunächst in grau und dunkelblau, später auch in braun und in weinrot – das wäre mein Favorit.“
Mittlerweile ist der Klassiker mit einem historischen Nummernschild versehen. Die ersten Ausfahrten sind gemacht, haben ihm ungeheuren Spaß bereitet, allerdings will das Manövrieren geübt sein: „Da muss Zwischengas gegeben und zwischengekuppelt werden, sonst kracht es im Getriebe.“ Und Bremsen und Lenken unterstützen keine mechanischen Hilfskräfte – „auch daran muss man sich als moderner Autofahrer erst einmal gewöhnen.“
Entschleunigtes Fahren
25 Liter Super fasst der Tank – und damit schafft Goretzko 300 Kilometer. Erstaunliche Leistung für einen über 80 Jahre alten 1,1 Liter-Ottomotor. Spitze schafft er übrigens stolze 90 km/h – „da wird es aber recht laut, ideal sind so 60 bis 70 km/h.“ Somit ist im Hause Goretzko nun „entschleunigtes“ Fahren angesagt, und das will der Hausherr in vollen Zügen genießen: „Im September sind wir bei der Main-Taunus Klassik-Oldtimerrallye dabei.“
Stand August 2017