„Mein blaues Schätzchen“

„Nur Fliegen ist schöner…“ – diese vier Worte reichen aus, um Sehnsüchte und pure Emotionen zu wecken. So wie der Slogan als Klassiker in die Werbegeschichte einging, so ist der Beworbene selbst zum Klassiker geworden: Vor 50 Jahren rollte der erste Opel GT vom Band. In einer losen Serie werfen wir im Jubiläumsjahr Schlaglichter auf das Kult-Coupé.
 

Helmuts Leidenschaft für den GT hat im Jahr 2009 hat einen alles verändernden Schub erhalten: Zum Firmenfest seines Arbeitgebers, eines Opel-Autohauses, stellt der Schwabe seinen Rekord P1 aus. Er fachsimpelt über die präsentierten Fahrzeuge. Admiral, Ascona, Rekord, ein „Who-is-Who“ der Rüsselsheimer Automobilkunst. Da fragt ihn ein Kunde, ob er jemanden kennt, der sich für einen GT 1900 im Originalzustand interessiert. Helmut betrachtet die dunkelgrün-metallic-lackierte Rarität. „Mir war sofort klar: Wow! Den musst du haben.“

Bei Helmuts erstem GT handelt es sich um eine Schweizer Ausführung. Das heißt, der 1900er-Motor hat einen modifizierten Vergaser und liefert statt der 90 PS – wie in Deutschland – etwa 103 PS. Technisch befindet sich die dunkelgrüne Stilikone im Top-zustand, allerdings gibt es in den nächsten Monaten hier und da noch Lackarbeiten zu erledigen. „Als nächstes will ich den ‚Dunklen‘ (so nennt Helmut seinen dunkelgrünen GT; Anm. d. Red.) komplett lackieren lassen. Mich stören die Kratzer an den Türen, und ich will das Auto in einem perfekten Zustand haben.“ Er ist in dieser Beziehung sehr genau, wie ein Blick auf den orangenen Manta seines Sohnes verrät.


Der „Dunkle“ war für den Opelaner bereits ein Kindheitstraum. „In meiner Jugend war der GT der bezahlbare Supersportwagen des kleinen Mannes“, sagt er. Und heute? „Opel sollte die Studien des neuen GT Concept unbedingt in Serie bauen. Am besten eine zivile Version für rund 30.000 Euro und eine richtige Sportversion, die dem Porsche Cayman oder der Alpine zeigt, wo der Hase die Löffel hat.“

 

GT mit Monza-Herz

 

Wie das in den Siebzigern aussah, zeigt eindrucksvoll ein Blick auf Helmuts zweiten GT – oder wie er selbst stolz sagt: „Mein blaues Schätzchen.“ Das GT-Cabrio fährt in einem zeitgenössischen Umbau vor, umgesetzt von Spezialisten aus München. Die technische Optimierung übernahm die Strauss-Kraftfahrzeugtechnik aus Böhmenkirch: Ein 3,0-Liter-E-Motor aus dem Monza, breitere Manta-B-Hinterachse inklusive Differenzialsperre, Sportfahrwerk, Auspuffanlage und eine veränderte Kühlerarchitektur für die optimale Belüftung des Reihensechsers hielten Einzug in den GT. Doch der Reihe nach.

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Die Liste der Fahrzeuge von Helmut liest sich wie das „Who-is-Who“ der Rüsselsheimer Automobilkunst. Admiral B, Ascona A, Rekord E, Admiral B, Omega B, Sintra und seit März dieses Jahres ein Opel Grandland X.

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Helmuts erster GT: Es handelt es sich um eine Schweizer Ausführung. Der 1900er-Motor hat einen modifizierten Vergaser und liefert statt der 90 PS – wie in Deutschland – etwa 103 PS.

 

Ein Arbeitskollege sprach Helmut darauf an, dass ein entfernter Verwandter am Bodensee seit mehr als 18 Jahren einen GT-Cabrio in einer Scheune stehen hat und nun darüber nachdenkt, das Auto zu verkaufen. Also nichts wie runter ans Schwäbische Meer und die Schönheit besichtigen. Zwar mit deutlichen Standschäden versehen, aber ansonsten in einem guten Zustand, der Helmuts Herz intensiv pochen ließ. „Ich habe mich regelrecht verguckt und kaufte das Auto.“ Im Anschluss fing der Opel-Schrauber an, Benzinleitungen, Kraftstoffpumpe und Tank zu ersetzen beziehungsweise zu säubern. Zwar war Helmut von Anfang an begeistert von dem eingebauten 3,0-Liter-Einspritzer, doch gab es immer wieder thermische Probleme mit dem Triebwerk.

 

185 PS auf der Hinterachse – mindestens

 

Besonders bei längeren Fahrten wurde der Reihensechszylinder regelmäßig zu warm, und der Öldruck sackte oftmals auf unter ein bar ab. Deshalb verbaute Helmut einen Kühler mit zusätzlichem Gebläse, verlegte alle Kühlleitungen und setzte einen verbesserten Thermostat auf ein Hochleistungsgebläse. Der Clou: Das Gebläse läuft sieben Minuten nach und kühlt so den Motor ausreichend herunter, sodass Stauhitze vermieden wird. Damit waren die thermischen Probleme passé, und der Monza-Motor konnte seine vollen 185 PS auf die Manta-B-Hinterachse loslassen. Das Problem mit dem niedrigen Öldruck blieb aber vorerst bestehen.


Ausblick ins Cabrio: Das Interieur mit weißen Ledersitzen, blauen Applikationen und einem Lenkrad in Holzoptik machen es zu einem echten Hingucker.


„Das ist meine kleine Corvette“: So nennt Helmut sein blaues GT-Cabrio, das er in mühevoller Arbeit wieder flott gemacht hat.

 

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Das Monza-Herz lässt etwas mehr Pferdchen als die angegeben 185 PS auf die Hinterachse los.

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Im Februar 2017 besorgte sich Helmut bei einem Bekannten in Passau einen komplett revidierten 3,0-Liter-E-Motor, ebenfalls aus einem Monza. Neben neuer Steuerkette war auch der Zylinderdeckel bereits abgeflacht – damit er unter die GT-Schnauze passt –  und mit einer scharfen Nockenwelle versehen. „Der Vorbesitzer hatte dankenswerterweise bereits den Krümmer etwas verkürzt und nach unten umgelegt, um das Saugrohr zu verkürzen“, berichtet Helmut. „Damit ließen sich die thermischen Bedingungen des Reihensechsers weiter verbessern, auch der niedrige Öldruck war dank stärkerer Ölpumpe Geschichte.“ Genaue Leistungsangaben macht Helmut nicht, aber das Monza-Herz lässt etwas mehr Pferdchen als die angegeben 185 PS auf die Hinterachse los.


Helmuts Fuhrpark von links nach rechts: Ein Manta B von 1979, ein GT-Cabrio (umgebaut von Convertible Cars in München) Baujahr 1971, ein GT Jahrgang 1969 und ein Modell des Rekord P1 von 1957.


Hof-Gold: Dank seines 3,0-Liter-Einspritzers bringt Helmuts blaues GT-Cabrio etwas mehr als 185 PS auf die Straße.

Bei einer kleinen Ausfahrt durch Oberschwaben zeigt Helmut, was in dem blauen Cabrio steckt. Man merkt sofort, dass der Reihensechszylinder leichtes Spiel mit den knapp 1.000 Kilogramm Leergewicht des offenen Sportcoupés hat. Während einer Ortsdurchfahrt grinst Helmut: „Das Einzige, was der GT nicht mag, ist langsames Fahren – genau wie ich.“ Sobald er die Landstraße erreicht, steigt Helmut beherzt aufs Gas, und ein tiefes Grummeln entspringt den mächtigen Endrohren. Und dennoch ist seine Aussage bestens vernehmbar: „Der GT ist einer der Gründe, warum die Marke mit dem Blitz so einzigartig ist – und mir so am Herzen liegt.“

 

 


Stand August 2018

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Text und Fotos: Christoph Ostheimer