Ein Roboter gibt Gummi

Opel Post: Herr Fürst, bei der Preisverleihung auf der Robotikmesse „Automatica“ ist das Team FLA²IR mit Opel-Mitarbeitern, Systemintegratoren und Wissenschaftlern zum Gesamtgewinner gekürt worden. Was genau haben sie erarbeitet?

Fabian Fürst: Wir haben eine hochflexible roboterbasierte Montagezelle entwickelt. Mit ihr ist es erstmals möglich, eine elastische Türdichtung mit Klips an der Karosserie automatisch zu montieren. Der Wettbewerb fand im Rahmen eines EU-Projekts statt. Gefördert werden sollen innovative Robotik-Lösungen mit direktem Anwendungsbezug.

 

Wie lief der Wettbewerb ab?  

Vor mehr als vier Jahren sind über 100 hochqualifizierte Teilnehmer in das Projekt gestartet. Dabei waren internationale Forschungseinrichtungen, Systemintegratoren und Endanwender. Unser Team mit dem Namen „Flexible Automotive Assembly with Industrial Co-Workers”, kurz FLA²IR, setzt sich aus Wissenschaftlern des FZI Forschungszentrum Informatik aus Karlsruhe, Mitarbeitern des Systemintegrators „MRK-Systeme GmbH“ aus Augsburg und Kollegen der Opel Automobile GmbH zusammen.

Ausgezeichnet: Die roboterbasierte Anlage montiert elastische Türdichtungen.

 


 

Was hat das FLA²IR-Projekt besser gemacht als alle anderen?

Wir haben das stimmigste Gesamtkonzept erarbeitet. Unsere roboterbasierte Montagezelle ist hoch flexibel. Die Kernaufgabe lautete, eine automatische Montage einer Türdichtung zu bewerkstelligen. Die Dichtung ist ein geschlossener Ring und abhängig vom Modell mit knapp 40 Kunststoffpins ausgestattet. Diese Pins müssen während der Montage in entsprechende Öffnungen an der Tür eingerastet werden. Um die Roboteranwendung prinzipiell für die Fertig-und Endmontage einsetzbar zu machen, haben wir einen möglichst offenen Aufbau der Roboterstation ohne Schutzzaun erarbeitet.

 

 

Mensch und Maschine arbeiten also Hand in Hand?

Ja, in dieser sogenannten Mensch-Roboter-Kollaboration (MRK) wird ein Standardindustrieroboter durch Sicherheitstechnik so sicher gemacht, dass er ohne starre Barrieren und aufwendige Zugangsbeschränkungen auskommt. Selbstverständlich wurde das Konzept so von der internen Arbeitssicherheit abgenommen.

 

 


Die Robotik-Anlage in Aktion


Werden wir die Montagezelle demnächst an der Linie erleben?

Zeitnah wird die Anlage nicht in der Fertigung zum Einsatz kommen. Sie schafft schlicht die benötigte Taktzeit nicht. Aber wir haben wichtige Grundsatzarbeit geleistet: In Zukunft wird es möglich sein, kraftsensitive Montagevorgänge von elastischen Bauteilen durchzuführen. Dafür haben wir eine Kraftregelung entwickelt, die mit einem Standardgreifer und ohne störanfällige und teure Kameratechnik auskommt. Das Sicherheitskonzept lässt sich mit relativ wenigen Anpassungen auf andere Stationen übertragen. Nebenbei wurde die Software zur Unterstützung von Roboterprogrammieraufgaben entwickelt. Damit können auch andere Roboterbahnplanungen äußerst intuitiv und zügig umgesetzt werden.

Siegerehrung auf der Robotikmesse „Automatica“ (v. l.): Jonathan van der Meer (Veranstalter EuRoC), Bruno Siciliano (University of Naples Federico II), Georg Heppner (Projektleiter FZI), Fabian Fürst (Opel Automobile GmbH), Peter Heiligensetzer (MRK-Systeme GmbH) und Fabrizio Caccavale (Professor für Automatic Control and Robotics).


 

Stand August 2018

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Fotos: Alex Heimann, privat