Berliner Olympiastadion. Rund tausend Autos, bekannte Marken von Lada bis Lamborghini, in allen Größen, PS-Stärken und Baujahren. Und alle sind unverwechselbare Einzelstücke, Neuinterpretationen gewissermaßen, einfallsreich und aufregend umgestaltet. „Tuning“ kann so viel mehr sein als das Hochjazzen von Motoren. Und nichts veranschaulicht das eindrucksvoller als eine „XS Carnight“. Mittendrin auf der „20 Years of XSCN“ Ende Juli: ein neuer Opel Astra Plug-in-Hybrid. Und was für einer.
Tief, tiefer, „Astra Hybrid XS“
Die Basis für das unverwechselbare Unikat: Ein Fünftürer in Arktis Weiß, das Dach in Schwarz, das High-Gloss-Black-Pack macht aus Chrom Hochglanzschwarz. Veredelt mit einer Opel Motorsport-Folierung an den Flanken und 20 Zoll-Felgen im Turbinendesign. Die Radhäuser sind bis auf einen bemessenen Spalt ausgefüllt – mit exakt so viel Raum wie die 245/30er Pneus zum Drehen eben brauchen. Hinzu kommt eine Fülle an detailversessenen Individualisierungen. Ein Beispiel? Selbst die Löcher für die Halterung der Nummernschilder wurden für ein noch cleaneres Aussehen entfernt, die Kennzeichen haften stattdessen mit Magneten am Stoßfänger. Und dann liegt dieser Astra so tief, wie selten ein Opel tief gelegen hat.
Das Showcar trägt den Namen des Veranstalters: „Astra Hybrid XS“. Die Tuner aus dem sächsischen Freital hatten im 20. Jahr zu einer „XS Carnight“ geladen. Und mit dieser elektrisierenden Eigenkreation wollten sie ihren Gästen einen besonderen Eyecatcher bieten. Und die kamen zu diesem besonderen Geburtstag so zahlreich wie nie – private und hochprofessionelle Schrauber aus ganz Europa. Und weil der „Astra Hybrid XS“ auch eine Reminiszenz an die Opel-Motorsportgeschichte ist, hat Opel zu dem Treffen in Berlin gleich mehrere Modelle aus dem Rundstreckensport, Formel 3 und DTM mitgebracht.
Absolute Freiheit
Doch wie kam es überhaupt zu dem „Astra Hybrid XS“-Projekt? Peter Junghanns ist Opel-Manager für Brand Strategy, er koordiniert die Zusammenarbeit mit den „XS“-Tunern. Er war es, der das Team aus Freital bei einem Besuch in der Classic Werkstatt in Rüsselsheim mit dem Astra L bekannt machte. Im März war das. Und die Jungs waren sofort Feuer und Flamme. Junghanns‘ Vorgabe: „Theoretisch könnt ihr das volle Programm schieben, Hauptsache es wird gut!“ Absolute Gestaltungsfreiheit also. Der Traum eines jeden kreativen Schraubers.
Bei Opel Classic ließen sich die Gäste anschließend noch inspirieren – und entschlossen sich, ihre moderne Astra-Interpretation mit Reminiszenzen an die Opel-Motorsportgeschichte zu versehen. Vor allem Elemente des legendären Manta 400 wollten sie wieder aufleben lassen. Und Premiere feiern sollte der „Astra Hybrid XS“ an den „Performance and Style Days“ in Hannover Anfang Juli.
„Dieser Hybrid hat uns abgeholt“
„Bei Stromern sind wir normalerweise zwiegespalten“, erinnert sich XS-Teamchef Andreas Füllborn, „aber dieser Hybrid hat uns sofort abgeholt.“ Im wahrsten Sinne des Wortes: Die Meistertuner traten mit dem Astra Plug-in-Hybrid die Heimreise an. „Die ersten 70 Kilometer fuhren wir elektrisch, anschließend mit nur 3,9 Litern Sprit auf 100 Kilometer bis nach Dresden – Wahnsinn!“ Und damit stand schon mal fest: An diesem Antrieb mit seiner Systemleistung von 133 kW/180 PS und 360 Newtonmetern maximalem Drehmoment gab’s für sie nichts mehr zu tun. Auch der Innenraum hat es den Autoliebhabern angetan: „Alles wirkt extrem aufgeräumt und modern. Materialien und ein erstklassiges Entertainment-Paket. Die Konkurrenz sollte sich warm anziehen.“
Das Projekt hielt einige Herausforderungen bereit: die Folierung etwa. Die sollte zwar die klassischen Opel-Motorsportfarben zeigen, aber matt, nicht glänzend. Modern interpretiert, inspiriert vom Opel Manta 400. Da matt-gelb nicht verfügbar war, brauchte es eine Spezialanfertigung. Knifflig gestaltete sich die Modifikation des Fahrwerks. So statteten die Tuner den Astra mit einem „GRINDS-Luftfahrwerk“ aus, das mit Original-Stoßdämpfern und einer Höhensensorik verbaut wurde. Der Anbieter lieferte die komplexe Technik schnell und pünktlich, doch machte es wenig Sinn, mit dem Einbau zu beginnen, ehe die vorgesehenen Räder zur Hand waren.
Felgen-Import aus den USA
Andreas Füllborn hatte sich in Felgen von RVNT Forged verliebt – „die und keine anderen mussten es sein.“ Eine fantastische Wahl, wie sich am Ende zeigen würde. Doch die edle Schmiedearbeit musste erst aus den USA importiert werden. Und das dauerte. Und der angepeilte Präsentationstermin rückte näher. Und wäre wohl auch nicht zu halten gewesen, wäre da nicht ein Retter in Not gewesen: Michael Körner vom befreundeten Tuning-Unternehmen „Carstyle me“ in Dresden.
Der schob in den Tagen vor den „PS Days“ Nachtschichten, um den XS-Astra noch hinzubekommen, schlief nur drei Stunden pro Nacht. „Da muss einer schon im besten Sinn autobekloppt sein, um das hinzubekommen“, erkannte Peter Junghanns, als er von diesem Kraftakt auf den letzten Metern erfuhr. Doch das Ergebnis spricht für sich. Die Besucher der PS Days waren begeistert, die Gäste der „20 Years of XSCN“ in Berlin drei Wochen später nicht minder. „Am meisten gefreut haben mich die Komplimente von Fans, die eigentlich Autos anderer Hersteller fahren – im Moment jedenfalls noch“, sagt Peter Junghanns.
Das Veredeln geht weiter
Am 17. September steigt am Wörthersee die nächste „20 Years of XSCN“ – und diesmal wird der Astra Hybrid ist seiner XS-veredelten Version dabei sein. Eine weitere Gelegenheit, das Unikat zu betrachten, bietet die Zürich Car Show vom 10. bis 13. November. „Bis dahin aber wird sein Design sich schon wieder verändert haben“, verspricht Peter Junghanns. Das XS-Team hat mittlerweile nämlich noch ein paar Ideen mehr.
August 2022