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„Wenn er wirklich gut läuft,
ist er im Stand kaum hörbar.“
Armin Rauschenberger
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„Das Typische ist sein seidenweicher Klang“, sagt Armin Rauschenberger, passionierter Opel-Oldtimer-Fan aus der Steiermark, vom Sechszylindermotor des Opel Kapitän. „Wenn er wirklich gut läuft, ist er im Stand kaum hörbar.“ Insgesamt 15 Modelle umfasst die Sammlung des Steirers; vom Kadett über Ascona, Olympia, Commodere, Monza und Senator bis zu Kapitän, Admiral und Diplomat.
Rauschenberger’s besondere Vorliebe sind die Opel-Sechszylindermodelle: „Als Kind saß ich auf der Rückbank des Commodore meines Großvaters. Und schon mein Urgroßvater hatte einen Kapitän. Das hat mich geprägt.“ Er besitzt zwei komplette Sechszylindermotor-Reihen von Opel: Commodore A, B und C, zwei Commodore und einen Monza aus der GSE-Reihe. Schließlich auch „die großen Drei aus Rüsselsheim“ Kapitän, Admiral und Diplomat. Der Kapitän ist ein Modell P 2,6. Baujahr 1960.
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„Als Kind saß ich auf der Rückbank des
Commodore meines Großvaters.“
Armin Rauschenberger
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Armin Rauschenberger erzählt zum Kauf vor zwei Jahren: „Ich habe ihn von einem Kollegen gekauft, damit der Kapitän weiter in der Steiermark bleibt. Alle Vorbesitzer fuhren nur in der Umgebung von Graz mit ihm herum. Erstausgeliefert wurde er von Salis & Braunstein.“ Geschätzter Kilometerstand: circa 150.000 Kilometer. „Ich konnte einsteigen und losfahren.“
Auf die Panoramascheibe
kommt es an
Anders lief es bei Werner Pirker/Leiter des Alt-Opel-Stammtisches Steiermark. Nachdem er 1992 seinen Kapitän PLV Baujahr 1959 gekauft hatte, errichtete er zunächst eine Werkstatt neben seinem Haus und baute dann ein Jahr lang – gemeinsam mit Ehefrau Inge – den Kapitän neu auf (1997/1998). Jetzt ist der Kapitän unverzichtbarer Bestandteil des Familienlebens; sei es bei Alt-Opel-Treffen oder bei Opel-Oldtimer-Camping-Urlauben am Keutschacher See. Da ist dann auch „Tante Ruth“ mit dabei. So der Spitzname des Wohnwagens Westfalia 310 Baujahr 1959.
Und natürlich hat Pirker’s Kapitän PLV immer wieder seine Auftritte bei den Treffen der insgesamt zehn österreichischen Besitzer von Panoramascheiben-Kapitänen. Bei diesen ist die Scheibenfläche der Heckscheibe an den Seiten um bis zu 90 Grad zur Längsachse des Fahrzeugs gekrümmt. Die Scheibe ist außerdem so geschnitten, dass die unteren gerundeten Ecken jeweils einen spitzen Innenwinkel aufweisen. Die Kapitän-Modelle P1 (1958 bis 1959) und P2 (1959 bis 1963) weisen solche Panoramascheiben auf.
Charme der 50er-Jahre
Gerhard Stambera/Vorstand der Alt-Opel-Fahrer-Vereinigung teilt seine Oldtimer-Liebe zwischen einem Senator Baujahr 1984 und einem Kapitän P2 Baujahr 1960. Bevor er den Kapitän im Jahr 2003 erwarb, besaß er einen Rekord P2 (mit Panoramascheiben) Baujahr 1964, dann einen Olympia Baujahr 1957.
„Vis à vis von meinem Elternhaus gab’s einen Opel-Händler. Mein Bruder und ich haben dorthin und zu anderen Opel-Händlern oder zum Auto-Metzger in Vösendorf ‚Abenteuertouren‘ unternommen. Daher war klar: Der Kapitän war von Anfang an mein Traumwagen.“ Gerhard Stambera schwärmt: „Damals war der Kapitän ein Luxuswagen, mit amerikanischem Einfluss. Und bot viel Platz. Ich mag‘ an ihm den Charme der 50er-Jahre, das totale Retro-Feeling.“
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„Damals war der Kapitän ein Luxuswagen,
mit amerikanischem Einfluss.“
Gerhard Stambera
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Bis nach Holland
Thomas Krotz besitzt einen Kapitän Baujahr 1956; aus der sogenannten „Ponton-Baureihe“, die 1954 bis 1957 produziert wurde. In der Alt-Opel-Interessengemeinschaft ist er auch Typenreferent dieser Kapitän-Serie, was bedeutet, dass er andere Besitzer dieses Kapitän-Modells beim Restaurieren berät, bei Fragen zur Fahrgestellnummer unterstützt und zweckdienliche Literatur bereitstellt.
2009 hat er seinen Kapitän gekauft (zusätzlich zum Rekord P1 Baujahr 1959, den er seit zwanzig Jahren besitzt) und dann drei Jahre lang restauriert. „Jetzt“, sagt er, „fahre ich ihn alltagsmäßig. Täglich auf dem Weg zur Arbeit, auf der Autobahn von Wöllersdorf bis Mödling. 40 Kilometer. Und wieder retour.“
Wer ihm zuhört, könnte auf dieses Auto neidisch werden. „Das elastische Fahrverhalten und die drei Gänge sind toll – abgesehen vom optischen Auftreten. Im Ortsgebiet ist Schalten kaum nötig, denn mit dem direkten – 3. Gang – kann man bis zu 30 km/h fahren. Seine Hubkraft schöpft er aus dem großen Hubraum.“
Vor vier Jahren fuhr Thomas Krotz mit seinem Kapitän Baujahr 1956 sogar bis nach Holland auf Urlaub; mit der Familie. Vorkommnisse? „Die Leute haben sich gewundert.“
1938 – 1970
1938 war das Geburtsjahr des Opel Kapitän, der in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg zu einem der meistverkauften Sechszylinder-Autos Deutschlands wurde. Erst im Frühjahr 1970 endete seine Geschichte. In den 32 Jahren seines Bestehens wurden 474.189 Einheiten gefertigt.
1940 kam das kriegsbedingte Aus für die Produktion des Opel Kapitän. Erst ab 1948 wurde der Opel Kapitän wieder gefertigt. Und erlebte in den nachfolgenden Jahren mehrere, teils drastische Face-Liftings: von der Lenkradschaltung (1950) über mehr Chromdetails an der Karosserie und im Innenraum (1951) bis zur Ponton-Form mit „Haifischmaul“-Kühlergrill (1954) oder dem „Schlüsselloch“-Kapitän mit schlüsselloch-förmigen Heckleuchten (ab 1958). Damals konnten die Kunden aus bis zu 139 unterschiedlichen Farb- und Stoffkombinationen wählen.
Die Motorisierung entwickelte sich von 55 PS bis zu 125 PS/92 kW (1965). Auch ein Viergang-Getriebe kam 1965 dazu.
In den fünfziger Jahren war der Kapitän Statussymbol; zeitweise lag er an dritter Stelle in der Zulassungsstatistik nach VW Käfer und Opel Olympia Rekord. In den siebziger Jahren wurde er zum Einstiegsmodell der Opel-Oberklasse-Familie, zu der außerdem Admiral und Diplomat zählten.
Fakten zum Opel Kapitän
1938 Fertigungsbeginn Kapitän ´39 (Werk Rüsselsheim)
März 1939 Beim Genfer Autosalon feiert der Opel Kapitän seine öffentliche Premiere
1940 kriegsbedingter Fertigungsstopp
5. Juli 1946 Beginn der Nachkriegs-Fertigung im Werk Rüsselsheim
Oktober 1948 Fertigung erster Nachkriegs-Opel Kapitän (Werk Rüsselsheim): Kapitän ´48; nur mehr als viertürige Limousine mit Portaltüren und runden Scheinwerfern
1950 – 1951: Kapitän ´50 mit moderner Lenkradschaltung, überarbeitetem Innenraum
1951 – 1953: Kapitän ´51 mit veränderter Karosserie, ungeteiltem Heckfenster und mehr Chrom. Motor mit 58 PS/43 kW
1953 – 1955: Kapitän ´54 in moderner Ponton-Form mit markantem „Haifischmaul“-Kühlergrill. Motor mit 68 PS/50 kW
1955 – 1958: Kapitän ´56/´57 mit senkrechten Gitterstäben statt des „Haifischmauls“ und „Flossen“ als hintere Kotflügel. Motor mit 75 PS/55 kW
9. November 1956: In Rüsselsheim wird das zweimillionste Opel-Auto gefertigt; ein Opel Kapitän mit goldfarben lackiertem Dach und vergoldeten Zierteilen
1958 – 1959: Kapitän P1/Kapitän P 2,5 = „Schlüsselloch-Kapitän“ wegen der schlüssellochförmigen Heckleuchten. Motor mit 80 PS/59 kW
1959 – 1963: Kapitän P2/Kapitän P 2,6 mit 3-Gang-„Hydramatic“-Getriebe (ab 1960) und Servolenkung (ab 1962). Motor mit 90 PS/66 kW. In Österreich wurde der Kapitän P2/PLV mit einem 2,5-Liter-Motor mit 85 PS ausgeliefert
1964 – 1968: Kapitän A. Motor mit 100 PS/74 kW und 125 PS/92 kW (ab 1965)
1969 – 1970: Kapitän B
Mai 1970: Die Produktion des Kapitän B wird eingestellt
September 2018