Als es vollbracht ist, schließt Andreas Schild die Augen. Soeben hat sich die digitale Ziffernanzeige am Autotacho ein letztes Mal aktualisiert. Schild schaltet den Motor ab. Nach wenigen Sekunden ist der Moment des Innehaltens vorbei. Ein Fotograf klopft an die Scheibe. Es geht jetzt los.
Sogar die Stoßdämpfer: alles vor zwölf Jahren im Werk verbaut
Vorplatz des Adam Opel Hauses: Mehrere Journalisten warten bereits. Auch Opel Group-Chef Karl-Thomas Neumann erscheint. Sie alle sind hier wegen Andreas Schild. Und wegen der beeindruckenden Zahl auf dem Tacho seines Opel. Das Display zeigt in diesem Moment den 500.000sten Kilometer an. Schild fährt einen Zafira von 2002 in der damaligen Selection Executive-Ausstattung. Das Besondere an diesem Zafira ist, dass er nach einer halben Million Kilometern noch immer mit fast allen seiner Originalteile unterwegs ist. „Klar“, sagt Schild, „die üblichen Verschleißteile wie Bremsscheiben, Auspuffendtopf und Servopumpe habe ich austauschen lassen.“ Doch Motor, Getriebe, aber auch Lichtmaschine, Radlager und sogar die Stoßdämpfer: alles vor zwölf Jahren im Werk verbaut.
Was Schild für den Top-Zustand in puncto Fahrzeugpflege unternehme, will ein Pressevertreter wissen. Die Antwort: „Regelmäßig warten lassen und Öl wechseln, das war’s.“ Viel mehr Gedanken um den Zafira musste Schild sich nach all den Jahren ausgerechnet heute machen, gesteht er. Als der 54-Jährige in Frankfurt zum Empfang nach Rüsselsheim losfuhr, hatte der Wagen 499.900 Kilometer drauf; die Strecke beträgt im Normalfall 25 Kilometer. Um eine Punktlandung hinzulegen und genau am Adam Opel Haus die halbe Million zu knacken, hat Schild akribisch eine erweiterte 100-Kilometer-Route errechnet. „Am Ende habe ich dann die letzten paar Meter Puffer durch Extrarunden um den Friedrich-Lutzmann-Ring vor der Zentrale bewältigt“, erklärt er lachend. „Ein knifflige Aufgabe war das heute, die gute Vorbereitung hat sich aber ausgezahlt.“
Plausch mit dem Opel-Chef
So wie damals beim Kauf seines insgesamt fünften Opel-Fahrzeugs. Als er sich Anfang der Nullerjahre für den Zafira entschied, berichtet der Inhaber einer Event-Agentur, „da gab der Grundgedanke, der hinter dem Flex7-Sitzsystem steht, den Ausschlag“. Diese, so Schild, „außerordentliche Ingenieursleistung“ habe er als Familienvater schnell schätzen gelernt. Dass der Van auch bei Dienstfahrten als Dauerläufer überzeugt, findet er klasse. Ebenso den Umstand, dass ihm die Spitzenleistung des Fahrzeugs eine Einladung in die Zentrale des Autobauers einbrachte – und einen Plausch mit dem Opel-Chef. Karl-Thomas Neumann äußert sich erfreut über den Marathon-Zafira: „Der Wagen ist ein Beispiel dafür, wofür unsere Marke steht: Deutsche Ingenieurskunst und Präzision verbunden mit einem hohen Nutzwert sind in unserer Marken-DNA tief verwurzelt.“
Diesen Ansatz, Autos zu bauen, schätzt Andreas Schild sehr. Mehr noch. „Ich bin schon immer ein großer Anhänger der Rüsselsheimer Traditionsmarke gewesen.“ Seit seinem 18. Lebensjahr fährt er Opel und sagt von sich selbst: „Ich trage Opel im Herzen.“ Mit dem Zafira 2.2 DTi wie auch mit dessen vier Vorgängerfahrzeugen verbindet Schild jeweils ganz spezielle Erinnerungen an bestimmte Lebensphasen und sehr persönliche Erlebnisse.
Fünf „Auto-Biografien“ als Kurzepisoden:
Rekord L 1900
Baujahr 1965, dunkelblau, geschenkt bekommen 1978
„Den 25.Oktober 1978 werde ich niemals vergessen. An dem Tag bestand ich die Führerscheinprüfung, und anschließend schenkte mir mein Onkel Kurt einen Rekord L 1900. Ich war 18, glücklich, und der Wagen fuhr sich traumhaft. Bis ich Anfang der 80er-Jahre in Richtung Italien aufbrach. Es passierte in Südtirol. Als ich mich am Brennerpass befand, blinkte im Cockpit plötzlich ein Lämpchen auf – das ich selbstbewusst, aber leider auch unwissend ignorierte. Das war die Ölkontrollleuchte. Nach wenigen Minuten gab es einen Schlag, und der Motor verabschiedete sich. Nach dem Abschleppen musste ich zwei Tage warten, bis der Schaden behoben war. Die Kontrolle des Ölstands ist mir seither eine liebgewonnene Gewohnheit.“
Kadett B
Baujahr 1970, orange-rot, gekauft 1985
„Mit dem Kadett B bin ich im Jahr 1986 mit Freunden zu Rock am Ring gefahren. Aufgetreten sind bei dem Festival Bands wie INXS, Simple Minds und The Cure. Und an dieser Stelle wird es Zeit für ein Geständnis aus der Rubrik „Jetzt kann ich es ja verraten“: Wir saßen auf dem Weg zum Nürburgring verbotenerweise zu sechst im Auto. Davon abgesehen war es ein unvergessliches Wochenende. Musik, Zelten, Party, und das alles mit den wunderbar grottigen 80er-Jahre-Frisuren. Schön war’s mit dem Kadett.“
Omega A
Baujahr 1991, schwarz, gekauft 1992
„Anfang der Neunziger war ich – nach meinem Elektrotechnik-Studium – Inhaber eines Ingenieurbüros. Dabei ging es um Planung und Betreuung von Anlagen. Mein Omega A diente zum einen als Dienstwagen, präsentabel und bequem bei Dienstfahrten, außerdem ideal zum Transportieren von drei Meter langen Kabelkanälen im Joballtag. Zum anderen bewährte sich der Wagen als kleines, aber enorm feines Appartement mit Blick auf das Mittelmeer. In meiner Wahlheimat Italien übernachtete ich im Omega mit meiner damaligen Partnerin auf einem Hügel über Portovenere (Ligurien).“
Zafira
Baujahr 1999, silber, gekauft 2000
„Mit meinem ersten Zafira habe ich die bisher längste Autofahrt meines Lebens absolviert: insgesamt 5500 Kilometer. Von Frankfurt aus ging es über Bar-sur-Aube (Champagne) nach Barcelona, Lissabon und Bilbao – und wieder zurück. Spannend geriet dabei die Aktion mit einem französischen Winzer: Mit der Anhängerkupplung schaffte es der Zafira spielend, den Anhänger des Winzers aus dem Morast zu ziehen. Der Zafira hinterließ bei mir einen bleibenden Eindruck. Denn ohne größere Reparaturen legte ich mit ihm schließlich 250.000 Kilometer zurück – und konnte ihn zu einem fairen Preis weiterverkaufen.“
Zafira
Baujahr 2002, magmarot, gekauft 2003
„Mein aktueller Van half mir, eine sehr schwierige Job-Herausforderung zu meistern: Für eine Veranstaltung mit Qatar Airways in Frankfurt benötigten wir als Organisatoren knapp 500 Flaschen Rotwein aus der Toskana. Die Zeit drängte. Nach Ausmessen der Ladefläche war klar, dass der Zafira die Mission retten könnte. Und tatsächlich: In der Nacht wurden 495 Flaschen des Brunello di Montalcino von Tenuta di Sesta verladen und am nächsten Tag pünktlich zum Event gebracht – just in time mit Opel. Darüber hinaus nutze ich den Zafira regelmäßig als Großraumtaxi für meine Familie. Solange er kann und will, bleibt er mein Auto. Danach werde ich dem Modell treu bleiben und mir einen Zafira Tourer anschaffen.“
Stand November 2014
Die Marke mit dem Blitz begeistert seit jeher. Dabei gibt es Anhänger, die sich der Tradition von Opel ganz besonders eng verbunden fühlen – und sie gar mitprägen. Solche Menschen wollen wir in der Serie „Opel im Herzen“ vorstellen.
Den Auftakt macht in diesem Beitrag Andreas Schild.
Demnächst porträtieren wir auch Markus Sabais. Der 35-Jährige sammelt seit vielen Jahren Renn- und Rallyeautos von Opel im Format 1:43. Die Leidenschaft übernahm er von seinem früh verstorbenen Vater. Die rund 200 wertvollen Modellautos präsentiert Sabais auf der Webseite www.lightningmodels.de
Protagonist eines Artikels soll auch der Finne Juha Maunula werden. Er wohnt in Marinkainen, rund 500 Kilometer nordwestlich von Helsinki. Maunula ist Mechaniker in einer Opel-Werkstatt und nach eigenen Angaben der „weltgrößte Fan“ der Marke. Opel-Blitze, die er in seine Hausfassade einbaute, deuten an, dass er Recht haben könnte.