Mächtige Wolken schieben sich in Zeitlupe von Spanien nach Marokko. Etwas schneller unter ihnen: elf dicke Frachter, die gerade die Meerenge von Gibraltar passieren. Genau da, wo Atlantik und Mittelmeer malerisch zusammentreffen, im Schatten des berühmten Affenfelsens. Wir sind am Ziel unserer Roadtrips – an einem wunderbaren Ort gegen den Blues grauer Tage. Eigentlich sollte der Opel Grandland GSe nur die Costa del Sol erobern, ein gern gewähltes Winterdomizil in Süd-Spanien. Die Kreuzung aus „Sonne“ und „Küste“ wurde 1928 vom Hotelier Rodolfo Lussnigg geprägt. Sie ahnen es, zu Werbezwecken. Es dauerte jedoch ein paar Jahrzehnte, bis der Plan aufging. In den 1960er-Jahren hatte es sich in Europa rumgesprochen, dass es an der Costa del Sol mehr als 320 Sonnentage pro Jahr gibt.
Ein Bauboom setzte ein, der Tausende Hotelbetten und damit Wohlstand für die Region versprach. B-Seite: So wurde die wunderschöne Küste Andalusiens mit viel zu vielen Bettenburgen verschandelt. Darum lenken wir den Grandland GSe weiter, seine bequemen Sportsitze tragen uns weiter Richtung Süden. Das Kürzel GSe markiert beim Grandland die sportlichste Version. Klingelt da was? Richtig, Anfang der 1970er gab’s das schon mal beim Commodore A. Diesmal steht GSe zeitgemäß für „Grand Sport electric“. Doch statt eines Reihen-Sechszylinders sorgt hier ein Plug-in-Hybrid-Antrieb für sehr dynamischen Vortrieb. Der 1.6er-Turbo wird dabei von einem 81 kW starken E-Motor unterstützt. Ein zweiter Stromer mit 83 kW schiebt an der Hinterachse an. Macht zusammen: 300 PS und üppige 520 System-Newtonmeter.
Der Plug-in-Hybrid mit Allradantrieb sorgt für sehr dynamischen Vortrieb.
Tarifa liegt 40 Fährminuten vor Afrika – also am südlichsten Punkt des europäischen Festlands. Es ist mehr Dorf als Stadt. Zum Glück! So konnte es sich einen Charme be- wahren, den die Städte an der Costa del Sol heute gern hätten. Seit den 1980ern ist Tarifa bei Surfern weltweit beliebt. Entsprechend wächst der Ort im Sommer von 11.000 auf 80.000 Bewohner. Am besten besucht man die Region in den milden Jahreszeiten Herbst und Winter.
Zurück nach Spanien, wo die engste Stelle zwischen Europa und Afrika in der Frontscheibe auftaucht. Gerade einmal 14 Kilometer trennen beide Kontinente. Die Meerenge lässt sich ganz wunderbar von einem kleinen Ausblick mit kuschligem Café bestaunen – von hier oben aus erscheint die Küste von Marokko zum Greifen nah. Es ist Mitte Februar, und die Sonne kitzelt so unwiderstehlich, dass sich ein Gedanke aufdrängt: Warum sind wir erst jetzt hier gelandet? Vielleicht braucht man für manche Ziele ja einfach etwas mehr Zeit. Es gilt schließlich, über 2.500 Kilometer abzuspulen. Eine Autoreise, die sich lohnt – vor allem, wenn man die Muße hat, die gemütliche Atmosphäre von Tarifa aufzunehmen. Willkommen in der südlichsten Stadt Europas!
Eigenen Charme bewahrt
Wobei die Spanier Tarifa gern als Pueblo, also Dorf, bezeichnen, das sich in die „pueblos blancos“ einreiht. Diese weißen Dörfer sind charakteristisch für den Charme Andalusiens. Tarifas Geschichte unterscheidet sich jedoch von den vielen anderen weißen Orten in Andalusien, was mit seiner Lage zu tun hat. Von den Phöniziern über die Römer bis zu den Mauren – sie alle waren hier und prägten das Städtchen. Ein Glück, dass es über die Jahrhunderte nie wirklich groß wurde. Und damit von einem Hotel-Boom wie an der Costa del Sol verschont blieb. Heute schlendert man durch weiße, vernarbte Gassen, die sich wohltuend von den perfekten Touristenkulissen andernorts abheben.
Von Phöniziern bis Mauren – sie alle waren hier und prägten Tarifa.
In den Wintermonaten leben rund 11.000 Menschen in Tarifa, im Sommer sind es zuverlässig über 80.000. Das hat vor allem mit dem Wind zu tun, der dort weht. Durch die Meerenge von Gibraltar, die wie ein Flaschenhals aussieht, pressen sich täglich nicht nur 300 Schiffe, sondern auch reichlich Wind. Pustet er vom Mittelmeer herüber, also von Osten, heißt er Levante. Den Westwind nennen sie hier Poniente. Einer von beiden ist meistens am Start und sorgt für paradiesische Windsurf-Bedingungen. Daher zählen die kilometerlangen Sandstrände um Tarifa zu den besten Adressen für Wind- und Kitesurfer in ganz Europa. Positiver Nebeneffekt: Mit den Sportlern zog ein Lebensgefühl nach Tarifa, das wunderbar in die Zeit passt.
Authentizität und gute Qualität
Statt Hektik und seelenloser Systemgastronomie finden sich in Tarifa viele kleine Cafés, Bars und Restaurants, die auf Authentizität und gute Qualität setzen. Tagsüber geht’s entsprechend gemütlich zu in den weißen Sträßchen. Egal um welche Uhrzeit, irgendwer hat immer ein Surfbrett unterm Arm und ist auf dem Weg zum Meer. Die anderen wünschen Glück und gute Wellen.
Levante und Poniente erfreuen im Sommer übrigens auch die Einheimischen – denn während man in Sevilla oder Córdoba an nicht wenigen Tagen bei über 45 Grad im Schatten stöhnt, zeigt das Thermometer in Tarifa selten über 35 Grad. In dieser Zeit wird hier mindestens so viel gefeiert wie gesurft. Die über 200 Bars direkt an der Küste bieten dafür die besten Voraussetzungen.
Lecker essen gehen? Kein Problem.
Party? Fehlanzeige.
In den Wintermonaten kommt das Nachtleben von Tarifa dagegen zur Ruhe. Lecker essen gehen? Kein Problem. Party? Fehlanzeige. Es ist die ideale Zeit für alle, die einfach nur die Seele baumeln lassen wollen. Wärmende Sonne und viel Strand inklusive.
Wer etwas über die Meeresbewohner erfahren möchte, sollte sich an die Schweizerin Katharina Heyer halten, die seit den 90er-Jahren in Tarifa Whalewatching-Touren anbietet. Denn in der Meerenge von Gibraltar sind große Populationen von Walen und Delfinen zu Hause. Heyers oberstes Credo: die Orcas, Grind-, Pott- und Finnwale nicht zu belästigen.
Und wenn Levante und Poniente – wie heute – Regenwolken nach Tarifa pusten? Dann schlendern wir im Grandland in die Berge, genießen sein sportliches Fahrwerk und die Kurven. Tarifa im Winter? Eines der besten Ziele gegen den Blues grauer Tage.
März 2023