Peter und Christian Schmidt haben schon in vielen Fahrzeugtypen gesessen, auf deren Dach sich blaue Lichter drehen. Papa Peter war Justizvollzugsbeamter, Sohn Christian ist Polizeimeister-Anwärter. Beide sind ehrenamtlich im Rettungsdienst und Katastrophenschutz im Einsatz, Christian Schmidt ist in der Freiwilligen Feuerwehr und dem Technischen Hilfswerk aktiv. Außerdem hat das Familienoberhaupt ein besonderes Faible für die Marke Opel: Bereits in jungen Jahren ist der Franke im C-Kadett Rallyes gefahren. Ob Kapitän, Admiral, Diplomat, Rekord, Senator, Omega oder Corsa – seit Jahrzehnten ziert ein Blitz den Familienfuhrpark. Kein Wunder also, dass er sofort neugierig war, als sein Sohn ihn auf eine Kleinanzeige im Netz aufmerksam machte: Da wurde ein zum Feuerwehreinsatzwagen umgebauter Opel Frontera angeboten, Baujahr 1993. Dem Geburtsjahr seines Sohnes, der vorschlug: „Was hältst du davon, wenn wir den zu unserem gemeinsamen Hobby machen?“
Peter Schmidt war sofort Feuer und Flamme. Nicht nur, weil Opel gerade angekündigt hatte, die Modellreihe wieder aufleben zu lassen – und dem Nürnberger sehr gefiel, was er auf den ersten Fotos sah. Inzwischen sind die Bestellbücher für das familienfreundliche SUV geöffnet, der pensionierte Justizvollzugsbeamte will die Neuinterpretation beim Händler demnächst in Augenschein nehmen. Und natürlich werden bei dem Namen sofort wieder Erinnerungen wach. 1991 hatte Opel den Frontera erstmals vorgestellt. Ihn als „allradgetriebenes Freizeit-Automobil“ präsentiert. Die Bezeichnung „Sport Utility Vehicle“ (SUV) war damals noch nicht gebräuchlich. So sollte bald darauf das erfolgreichste Fahrzeugsegment auf dem Automobilmarkt genannt werden. Der Opel Frontera war der Wegbereiter des Konzepts. Noch im Jahr seiner Einführung wurde das Modell zum „Geländewagen des Jahres“ gekürt.
Vater und Sohn waren sofort Feuer und Flamme: Der Opel-Einsatzleitwagen sollte ihr gemeinsames Hobby werden.
Als kompaktes, geländetaugliches Fahrzeug entdeckten auch schnell die Feuerwehren der Republik das Rüsselsheimer Modell für sich. Als Einsatz- und Kommandowagen haben viele Exemplare bis in die 2010er-Jahre ihren Dienst bei der Brandbekämpfung verrichtet. Mittlerweile aber haben fast alle ihren Ruhestand angetreten, wie Peter Schmidt recherchiert hat. „Nur in Bielefeld habe ich noch einen aktiven Frontera entdeckt, aber auch der wird demnächst ausgemustert.“ Ein anderer ziert bereits das Feuerwehrmuseum im sächsischen Zeithain.
Einer im Einsatz, ein anderer im Museum
Keine Frage also: Einen solchen Klassiker privat zu erwerben, reizte den Vater mindestens genauso sehr wie den Sohn. Also machten sich beide auf den Weg nach Bischofswerda. Dort hatte das angebotene Fahrzeug bis 2019 der Freiwilligen Feuerwehreinheit im Ortsteil Goldbach gedient. Davor war es von 1993 bis 2011 bei der Berufsfeuerwehr Hoyerswerda im Einsatz gewesen. Zuletzt hatte ein ehrenamtlicher Floriansjünger den Frontera privat gepflegt, wollte sich nun aber von ihm trennen.
Als erstes „allradgetriebenes Freizeitauto“ war der Frontera Wegbereiter des SUV-Konzepts.
Vor Ort angekommen, waren die Schmidts direkt angetan vom guten Zustand des Frontera A 2,3 TD. Den Um- und Ausbau des Wagens hatte der renommierte Ausrüster „Brandschutztechnik Görlitz“ vorgenommen. Selbst Blaulichtbalken und Funkgerät waren zwar abmontiert, aber noch im Originalzustand vorhanden. Das letzte Fahrtenbuch, die 30 Jahre alte Fahrzeugmappe und das Kundendienst-Checkheft existierten noch. Lediglich bei der Innenausstattung hatten die freiwilligen Brandschützer ein paar eigene Ideen verwirklicht, insgesamt waren aber keine größeren Mängel festzustellen. Also machten Vater und Sohn den Deal klar. Und da auch der Turbodiesel mit 101 PS noch tadellos schnurrte, ging es direkt mit der Neuerwerbung zurück in die fränkische Heimat.
Rückumwandlung in einen Einsatzwagen
Dort begannen die beiden umgehend mit der Restaurierung. Wie sich herausstellte, sollte der Aufwand zwar groß, aber nicht riesig werden: „Feuerwehrfahrzeuge stehen nun mal die meiste Zeit trocken in Hallen – das macht sich bezahlt“, sagt Peter Schmidt. Auch die Rückumwandlung in einen Einsatzwagen war relativ problemlos: Sie montierten die noch vorhandene Signalanlage und das Funkgerät, der Seitenrammschutz wurde ausgetauscht. „Auch hier hatten wir Glück: Wir haben ein original verpacktes Ersatzteil in Österreich ergattert“, erzählt Christian Schmidt. Ein ungenutzter Frontbügel wurde seinem Dornröschenschlaf in einem Keller entrissen und ziert nun den „Fronti“ – so haben die beiden ihr gemeinsames Hobby getauft.
Im Dezember ist der Kommandowagen 30 Jahre alt geworden und hat damit Anspruch auf ein H-Kennzeichen. Das soll er in Kürze auch bekommen – sobald ein paar letzte Ausbesserungen vorgenommen sind. Außerdem wollen die Schmidts nochmal ordentlich in eine Nachlackierung investieren. „Vielleicht findet sich ein Sponsor, der uns dabei unterstützt“, hofft Peter Schmidt, der sich zusammen mit seinem Sohn im Förderverein Nürnberger Feuerwehrmuseum engagiert. Der Verein arbeitet die Geschichte des Feuerlöschwesens in Nürnberg vom Mittelalter bis in die Neuzeit auf. Auch einige Oldtimertreffen haben Vater und Sohn mit ihrem feuerroten Fahrzeug schon besucht.
Ein Konzept, das noch heute überzeugt
Und im Juni dieses Jahres ging es auf große Fahrt. Nach Österreich, an den Großglockner. Dort fand die „Feuerwehr Oldtimer WM“ statt, einem der größten Treffen der „roten Legenden“. Fast 100 Feuerwehr-Fahrzeuge versammelt sich dort zu Geschicklichkeits- oder Gleichmäßigkeitsfahrten. „Unser ‚Fronti‘ hat sich brav geschlagen“, sagt Peter Schmidt nicht ohne Stolz. Das Konzept aus guter Aerodynamik, Personenwagen-Komfort, einem dynamischen Erscheinungsbild und gutem Handling, das die Opel-Ingenieure dem SUV-Wegbereiter verpasst haben, hat auch nach 30 Jahren nichts von seiner Schlagkraft verloren.
August 2024