With the reliable Opel Ascona, Walter Röhrl (right) and Jochen Berger brought the title of European Rally Champion to Rüsselsheim in 1974.

Der erste große Titel des Walter Röhrl

Satte 100 Punkte haben sie bereits eingefahren – Walter Röhrl und Jochen Berger führen deutlich die Gesamtwertung an, als sie im Oktober 1974 im Kanton Tessin eintreffen. Bei der 13. Rallye Internazionale di Lugano können sich die beiden Opel-Piloten den EM-Titel vorzeitig sichern. Und es läuft gut. Vom Start weg nehmen sie die „Pole Position“ unter den 52 Wettbewerbern ein. Die harten Sonderprüfungen im Gebirge zwischen Lugano und dem Lago Maggiore fordern ihren Tribut. Ein Team nach dem anderen scheidet aus – nur 18 Fahrzeuge überqueren am 13. Oktober die Ziellinie. Gewohnt souverän an der Spitze: der Opel Ascona mit Walter Röhrl und Jochen Berger. Nach 1.000 Kilometern fährt das Duo mit über zehn Minuten Vorsprung vor dem zweiplatzierten Team über die Ziellinie. Mit dem sechsten Gesamtsieg und 120 Punkten – der bis dato unerreichten Maximalpunktzahl überhaupt – holen sie überlegen die Rallye-Europameisterschaft 1974 und werden Europameister der Fahrer.

In Rekordzeit:
Vom Nachwuchstalent zum Rallye-Ass

Dabei war Walter Röhrl, Jahrgang 1947, gerade mal zwei Jahre zuvor überhaupt im Rallye-Zirkus in Erscheinung getreten. Nach einer Verletzung hatte sich der Skirennfahrer für den Motorsport entschieden – nach eigener Aussage bewusst für „Rallye statt Rundstrecke“. Eine goldrichtige Entscheidung, wie die Zukunft beweisen wird. 1972 jedenfalls gelang dem Regensburger der Durchbruch vom „Niemand“ (wie er selbst einmal sagte) zum Überraschungskandidaten. Röhrl spielt damals eine dominierende Rolle bei der Polen-Rallye, der Rallye Baltic und der Olympia-Rallye. Ab 1973 fährt der damals 26-Jährige dann für Opel. An seiner Seite sitzt Jochen Berger, der ihm fortan das so genannte „Gebetbuch“, die Streckenanweisungen für den Fahrer, liest und damit maßgeblichen Anteil an den kommenden Erfolgen haben soll.

„Jochen war der beste Co. seiner Zeit“, sagt Walter Röhrl. Gemeinsam wurden die beiden Vize-Europameister (1973), Europameister (1974) und holten 1975 den ersten Sieg bei einem WM-Lauf. Berger verstarb im Juli 2010.
Nach dem sechsten Gesamtsieg holt das Duo am 13. Oktober 1974 die Krone des Rallyesports – mit der Maximalpunktzahl von 120. Das Reglement macht es möglich, denn sechs Läufe werden gewertet.

„Mit Walter durch eine Sonderprüfung zu fahren, ist ungefährlicher als in der Stadt über die Straße zu gehen.“

– Co-Pilot Jochen Berger –

Schon damals ist sich der Co-Pilot der fahrerischen Qualitäten Röhrls sicher: „Mit Walter durch eine Sonderprüfung zu fahren, ist ungefährlicher als in der Stadt über die Straße zu gehen.“ Er soll Recht behalten: Bereits im gleichen Jahr werden die Beiden mit nur wenigen Starts und nahezu gleich vielen Gesamtsiegen auf einem Opel Ascona Vize-Europameister – kein Achtungserfolg, sondern eine Ansage! Für Röhrl sind das beste Voraussetzungen für die kommende Saison mit dem gerade erst frisch gegründeten Opel-Eurohändler-Team.

Und so begeben sich Walter Röhrl und Jochen Berger 1974 mit großen Ambitionen auf die Punktejagd. Ihr Werks-Ascona A verfügt über ein auf zwei Liter aufgebohrtes Triebwerk mit obenliegender Nockenwelle und Querstrom-Zylinderkopf. Damit leistet der Gruppe-2-Wagen zwischen 141 kW (192 PS) und 156 kW (212 PS). Spezialfedern und Spezialstoßdämpfer sowie innenbelüftete Scheibenbremsen vorn und belüftete Trommelbremsen hinten passen das Fahrwerk des auf dem Serienmodell basierenden Rallye-Boliden an die harten Wettkampfbedingungen an. In seiner Biografie „Aufschrieb“ erinnert sich Röhrl: „Der Motor war gut fahrbar. Leistung kam ab zirka 2.000 und stand bis 7.600 an. Aber ich habe es mir verkniffen, so hoch zu drehen. Bei 7.000 lag meine moralische Grenze. Meistens.“

Opel und Rallyesport –
das ist eine Verbindung mit Geschichte. Auch aktuell zeigen Opel, ADAC und alle Beteiligten, wie moderner, nachhaltiger Rallyesport heute funktioniert. Mit dem ADAC Opel Electric Rally Cup „powered by GSe“ haben die Partner den ersten vollelektrischen Rallye-Markenpokal der Welt ins Leben gerufen. Gerade erst hat sich Luca Pröglhöf den diesjährigen Titel gesichert und in spannenden Wettkämpfen die Fans begeistert.

Bis zum ersten großen Saisonerfolg müssen Röhrl/Berger sich jedoch etwas gedulden. Bei der 8. Internationalen Firestone-Rally – dem 5. Lauf zur Rallye-EM Ende März 1974 – ist es schließlich soweit. Als Top-Mannschaft des Opel-Eurohändler-Teams erringen die Beiden nach 1.517 Kilometern und 19 Sonderprüfungen in den nordspanischen Bergen einen überlegenen Start/Ziel-Sieg. Von da an geht es Schlag auf Schlag: Nur vier Wochen später setzen sich Röhrl/Berger bei der Tulpen-Rallye in den Niederlanden vom Start weg an die Spitze. Nach 1.250 Kilometern und 38 gewerteten Sonderprüfungen fahren sie so in ihrem Ascona den nächsten souveränen Gesamtsieg ein. Für einen Schreckmoment sorgen die örtlichen Behörden: Sie verdächtigen Röhrl, dass er das zulässige Tempolimit deutlich überschritten habe. Dies stellt sich jedoch glücklicherweise als Irrtum heraus. Die Ordnungshüter haben nicht das deutsche Duo mit der Startnummer 1, sondern das polnische Team mit der Nummer 7 „geblitzt“.

Weitere Siege folgen mit der Hessen-Rallye, der Moldau-Rallye sowie der Donau-Rallye in Rumänien. Bei der 13. Rallye Internazionale di Lugano in der Schweiz dann nutzt das Duo die erste Chance und holt überlegen die Rallye-Europameisterschaft 1974. Walter Röhrl und Jochen Berger werden – obwohl noch drei Wertungsläufe ausstehen – Europameister der Fahrer. Doch Walter Röhrl hat nach diesem Erfolg noch größere Ambitionen. So schreibt er: „Mit dem EM-Titel hatte ich erreicht, was ich wollte. Aber ein Traum ließ mir keine Ruhe: Einmal im Leben die Rallye Monte Carlo gewinnen.“

Der Zuverlässige: Kein anderes Auto zeigt sich in der Rallye-Saison 1974 so ausgereift und solide wie der Ascona des Opel-Eurohändler-Teams.
Grundstein gelegt: Beim fünften Lauf zur Rallye-EM 1974 in den nordspanischen Bergen holt sich das Opel-Duo den ersten Sieg der Saison.

Auftakt zur weiteren Rallye-Karriere

1975 erringt Röhrl den ersten Sieg in einem Rallye-Weltmeisterschaftslauf für sich und Opel. Doch 1977 trennen sich zunächst die Wege des Ausnahmefahrers und der Marke mit dem Blitz. Zu diesem Zeitpunkt ahnt noch niemand, dass der größte gemeinsame sportliche Triumph noch bevorsteht. 1982 kehrt Röhrl zu Opel zurück. Während Jochen Berger nun Teammanager der Motorsport-Abteilung ist, trägt zum Gelingen der „Mission Monte Carlo“ auch sein neuer Beifahrer Christian Geistdörfer entscheidend bei – und der 191 kW (260 PS) starke Ascona 400. Mit ihm gewinnt Röhrl zum zweiten Mal die legendäre Rallye Monte Carlo – und zum ersten Mal auf einem Opel. Ein Auftakt nach Maß für die Rallye-Saison, die schließlich spektakulär in den Titelgewinn der Fahrer-Weltmeisterschaft 1982 mündet.


Oktober 2024

Fotos: Opel Archiv