„Das ist der FC Bayern von Opel“, brachte es Dirk Westrich, Torhüter und Kopf der „Blechformers“, auf den Punkt. In der Tat: Viel souveräner als der „FC Schlaffkett“ durchs Kaiserslauterer Fußball-Werksturnier vermögen auch die Fußballkönige aus München nicht durch die Bundesliga zu marschieren. Mit sechs Siegen und 34:4 Toren sicherten sich die Jungs aus dem K20 den Titel des Standortmeisters. Vergangenes Jahr noch waren sie als „FC Schweißstrom“ unglücklich Vierter geworden. Nach drei klaren Siegen in den Gruppenspielen zum haushohen Favoriten erklärt, scheiterten sie erst im Halbfinale, dann im Spiel um den vierten Platz jeweils knapp im Elfmeterschießen. Das GM-Prinzip „Kontinuierliche Verbesserung“ beherzigen die Lauterer eben auch, wenn es um Sport, Spiel und Spaß geht.
Denn dies ist Organisatoren wie Aktiven gleich wichtig, wenn sich die Pfälzer Opel-Belegschaft auf dem Sportgelände der TSG Kaiserslautern trifft. „Das eigentlich Schöne an der Fußball-WM ist, Kollegen wiederzutreffen, mit denen zusammen man vielleicht gelernt hat und die man im Alltag nicht mehr so häufig sieht, weil sie jetzt in anderen Bereichen arbeiten“, erklärt Michael Greszik, Jugendvertreter des Lauterer Betriebsrats. Rund 150 Zuschauer ließen sich das Spektakel nicht entgehen, darunter viele Lebenspartner der Aktiven. Erneut vorbildlich unterstützt wurde Opel wieder von der gastgebenden TSG, deren Schiedsrichter für einen korrekten Turnierablauf sorgten. Die Sieger durften sich übrigens auch über Tickets für die in dieser Woche startende IAA in Frankfurt freuen. Begleitet werden sie von den „Blechformers“, die Zweiter wurden, den IAA-Besuch aber gestiftet bekommen, weil ihr Mannschaftsname zum originellsten des Turniers gewählt wurde.
Unsere Köpfe des Turniers:
Der Gaudi-Kicker
MTV – in der normalen Sportwelt steht dieses Kürzel für so etwas wie „Männer-Turnverein“. Die Arbeitnehmervertreter der Opel-Pfalz dagegen übersetzen es mit „Manteltarifvertrag“, auch dann, wenn sich ein Team des Betriebsrats zum Fußballspielen formiert. „Während der Gruppenspiele verstärken wir uns mit ein paar Nachwuchskräften, zum traditionellen Einlagespiel gegen die Geschäftsleitung treten wir aber ausschließlich mit echten Betriebsräten an,“ versprach „MTV“-Kicker Floran Krapf. Das mag jetzt vielleicht so klingen, als hätten die Arbeitnehmervertreter das Turnier sehr ernst genommen – dem war jedoch nicht so. „Uns geht es in erster Linie um die Gaudi. In Kaiserslautern kennt eigentlich jeder jeden, da ist es umso schöner, sich einmal zu so einem Turnier zu treffen.“ Selbst das ernüchternde 1:7 zum Turnierstart verdarb Florian Krapf die gute Laune nicht. „Das war gegen den Turnierfavoriten, da war nicht mehr drin.“
Der Klein-Klein-Spezialist
„Normaler Fußballplatz und Kleinfeld – das ist ein Riesenunterschied“ – das wusste Rüdiger Brauchler vom „BSF Inteam“ schon vor dem Turnier. „Du darfst dem Gegenspieler kaum Raum lassen, den kurz hinter der Mittellinie steht er ja schon zehn Meter vorm Tor – und kann abziehen“. Besonders geübt hatte er das Kicken auf kleinem Spielfeld nicht. „Doch in meinem Heimatverein trainieren wir öfter auf verkleinerten Felder, um Ballkontrolle und spielerische Lösungen auf engem Raum zu schulen.“ Ein bisschen was von diesem Know-How konnte er auch seinen Mitspielern vermitteln. Das BSF Inteam schaffte es bis ins Halbfinale, scheiterte erst am späteren Turniersieger.
Der politisch Unkorrekte
Beim Titelverteidiger der Neue im Team sein: Das war keine leichte Aufgabe, der sich Karsten Weber stellte, zumal er sich nach Kreislaufproblemen erst seit ein paar Wochen wieder intensiver sportlich betätigt. „Aber er hat sich ganz phantastisch eingefügt“, lobt Kapitän Sascha Dehaut von „Hangover 69“. Hangover 69? Ja, so nannte sich der Sensationssieger des vergangenen Jahres diesmal, nachdem er auch im Vorjahr schon durch einen politisch nicht ganz korrekten Namen aufgefallen war. Doch Namen sind nur Schall und Rauch, die Wahrheit liegt auf dem Platz: „Hangover 69“ begann stark – und fiel ebenso stark ab. Nach einem 1:5 im letzten Gruppenspiel gegen das BSF Inteam verabschiedete sich der Titelverteidiger aus dem Turnier. Dergleichen nennt man wohl „kollektives Versagen“ –an Karsten lag es jedenfalls nicht.
Der Pechvogel I
„Gefährlich ist’s, den Leu zu wecken,“ dichtete Friedrich Schiller einst. Im nachhinein wäre Nicolas Leu vergangenen Samstag wohl am liebsten im Bett geblieben. Denn gefährlich wurde es, nachdem er aufgestanden war, nur für ihn selbst. Dem Torhüter des „Blitzgeschwaders“, wie sich das Team der Lehrwerkstatt nannte, knickte gleich im ersten Spiel unglücklich das Handgelenk um, und schon war das Turnier für ihn vorbei. Den weiteren Verlauf erlebte er als Zuschauer mit Kaltkompresse. „So ein Mist. Vor fünf Jahren habe ich meine aktive Laufbahn nach einem Außenbandriss beendet, jetzt habe ich es mal wieder versucht – und dann das.“ Länger außer Gefecht setzen wird ihn die Verletzung jedoch nicht: „Ach was. Das schwillt schnell wieder ab. Am Montag geh ich wieder arbeiten.“
Der Pechvogel II
„Erst hast du kein Glück, dann kommt auch noch Pech dazu“, dichtete Bayern-Profi Jürgen „Kobra“ Wegmann einst. Und genauso lief das Turnier fürs Azubi-Team des „Blitzgeschwaders“ auch weiter. Nach der Verletzung von Nicolas Leu ging Tim Lutz ins Tor. Der bekam den ersten Ball auf den Kasten, klatschte ab – und prompt knickte auch ihm das Handgelenk um. Auch nichts Schlimmes, doch mit der Keeperrolle war’s vorbei, Tim spielte daraufhin im Feld weiter. „Qualität von Anfang an“ war von den Azubis ohnehin nicht mehr zu leisten, sie wurden mit 0 Punkten und 3:23 Toren Turnierletzter. „Was soll’s,wir haben uns sowieso nicht viel ausgerechnet – und Spaß gemacht hat’s trotzdem“, so Tims Resümee. Außerdem präsentierte sich das Blitzgeschwader in den vielleicht stylischsten Trikots des Turniers: den Auswärtsleibchen des 1.FC Kaiserslautern aus der Spielzeit 2014/15. Einfach nur gut aussehen ist schließlich auch was wert.
Der Springer
Auch ein kniffliger Job. Steffen Nermerich musste bei den „Blechformers“ immer auf der Position ran, auf der sich ein Mitspieler gerade mal eine Ausruhpause gönnen wollte. Doch auch als Allrounder kann man sich spezialisieren, Hasan Salihamdžić war so einst beim großen FC Bayern jahrelang sehr erfolgreich. „Wir sind halt eine gewachsene Truppe, in der jeder seine Position hat, da bietet sich das eben an“, so Steffen. In der Tat spielten die Blechformer stark auf. Schon im vergangenen Jahr waren sie als die „Stahlflüsterer“ bis ins Finale vorgedrungen. Das schafften sie auch dieses Mal – und wurden wieder nur Zweiter.
Der Mario Basler der Herzen
Lässig mit einer Zigarette im Mundwinkel am Spielfeldrand stehen? Damit hat Michael Greszik, Jugendvertreter des Opel-Betriebsrats, auch in diesen politisch überkorrekten Zeiten kein Problem. „Hobbyfußball muss Hobbyfußball bleiben“, so sein Credo. Daheim ist er in der B-Klasse aktiv, und da gehört es sich auch noch, dass nach Abpfiff in der Kabine ein Kasten Bier aufs Team wartet, egal, ob gewonnen oder verloren wurde. „Es geht in erster Linie um den Spaß.“ Was nicht heißt, dass man sich auf dem Platz vorführen lassen wolle – besonders nicht, wenn es als Opel-Betriebsrat gegen die Geschäftsleitung geht. Dem traditionellen Einlagespiel fieberte Michael Greszik besonders entgegen. Zu holen gab’s für die Arbeitnehmervertreter diesmal freilich nichts, das Management behielt mit 4:1 die Oberhand. Daraufhin rauchte Michael erst einmal eine.
Der Selbstbewusste
Felix Heinen wusste, was alle dachten: „Dass wir im vergangenen Jahr die spielerisch stärkste Mannschaft waren, hat jeder gesehen. Wir sind unglücklich gescheitert, jetzt erwartet jeder, dass wir diesmal alles richtig machen“, fasste der Keeper des „FC Schlaffkett“ zusammen. An so viel Favoritenbürde hat sich aber auch schon so mancher verhoben. Die Jungs von der „Schlaffkett“ jedoch ließen nichts anbrennen, gaben vom ersten bis zum letzten Spiel Vollgas, und tüteten den Turniersieg mit fleckenfreier Weste ein: Alle sechs Spiele gewonnen, nur drei Gegentore, 34 Treffer geschossen. Ob’s sich am Ende aber nicht vielleicht aufs Betriebsklima auswirkt, dass die „Schlaffkett“ gleich im Auftaktspiel den Betriebsrat mit 7:1 bügelte? „Wenn, dann nur positiv“, ist Felix überzeugt. Kein Zweifel: Das ist das positive Denken, das einen echten Gewinner auszeichnet.
Der Sieger der Herzen
Den Beinamen „Sieger der Herzen“ hatten sich die hauptberuflichen „Federbäh“-Monteure gegeben, weil sie bei der Fußball-WM 2014 nichts zu Wege brachten, „aber einen Riesenspaß hatten“. Dieses Jahr lief es besser, weil alle sich so uneigennützig in den Dienst der Mannschaft stellten wie Lukas Vollmer. „Der Sturm gewinnt die Spiele, die Verteidigung die Meisterschaft“, begründete der Defensivspezialist seine Absicht, das Toreschießen seinen Mitspielern zu überlassen, mit einer alten Fußballerweisheit. Für die „Sieger der Herzen“ war zwar wieder nach den Gruppenspielen Schluss, doch dürfen sie für sich in Anspruch nehmen, dem souveränen Turniersieger am härtesten zugesetzt zu haben: Dem „FC Schlafkett“ gelang gegen sie nur ein mühevoller 3:2-Sieg.
Der Notnagel
So kann’s gehen. Eigentlich hatte Dirk Westrich die „Blechformers“ nur coachen wollen, doch nachdem sich ihr Stammtorhüter kurz vor dem Turnier verletzte, musste er von jetzt auf gleich als Keeper ran – „und das, obwohl ich von Haus defensiver Mittelfeldspieler bin.“ Dass er sich in einem sehr professionell anmutenden Outfit präsentieren durfte („Das hat mir ein Kollege besorgt“), vermochte sein bescheidenes Selbstvertrauen nicht zu stärken: „Ich bin kein guter Tormann“. Mitspieler und Publikum sahen das anders. Dirk Westrich stand beim einzigen 0:0 des Turniers – gegen „Hangover 69“ – zwischen den Pfosten. Auf dem Kleinfeld geht’s eigentlich nur torlos aus, wenn gute Keeper zwischen den Pfosten stehen, doch auch das vermochte Dirk Westrich nicht zu überzeugen: „Meine Vorderleute waren halt stark.“ Mehr Understatement geht wirklich nicht.
Stand September 2015