„Wechseln lassen musste ich
bisher nur Verschleißteile.
Der Diesel läuft noch immer
wie eine Eins.“
— Helmut Diesner—
Besitzer des Kilometer-Helden Astra Kombi 1,7 D
Gegen 17.30 Uhr ist es soweit: Helmut Diesner rollt über die Ziellinie. Jubel brandet auf, als er sich aus seinem Fahrzeug schwingt. Blitzlichtgewitter setzt ein. Eine bezaubernde Frau lupft ihm einen Siegeskranz übers Haupt – und dazu spielt, wie in der Region üblich, die „Musi“ auf. „Wie in der Formel 1“, sagt der 52-Jährige stolz.
Nun ja, ein klein bisschen anders ist es schon. Helmut Diesner befindet sich nicht in Monte Carlo, sondern auf dem Marktplatz in Kemnath, einer 5000-Seelen-Gemeinde, etwa 100 Kilometer nordöstlich von Nürnberg. Gefeiert wird folgerichtig auch nicht mit Schampus im Casino, sondern mit einem oberpfälzischen Bier in der „Zoiglstube zum Hoiderer“. Der Wagen, dem Helmut Diesner entstiegen ist, ist kein Formel 1-Bolide, sondern ein 82-PS-Astra aus Rüsselsheim. Und er ist soeben nicht Formel 1-Weltmeister geworden, sondern Millionär. Kilometer-Millionär.
WENN EIN TACHO WIEDER GANZ VON VORN ANFÄNGT
Der Tacho seines Astra Kombi 1,7 D, Baujahr 1997 präsentiert sich wieder absolut jungfräulich: Sechs Nullen, keine Eins, denn für eine siebte Ziffer ist kein Platz vorgesehen. Wenn das kein Fotomotiv ist, sogar für professionelle Medienvertreter. Dass sie so zahlreich anwesend sind, hat Helmut Diesner Freunden und Bekannten zu verdanken. Sie haben aus dem seltenen Moment, in dem ein automobiler Kilometerzähler wieder ganz von vorn anfängt, ein kleines Spektakel gemacht.
„Mein Astra ist mittlerweile Kult –
nach dem werde ich immer als erstes gefragt, wo immer ich auftauche.“
— Helmut Diesner —
Und Helmut Diesner muss ein Interview nach dem anderen geben, in denen er immer wieder gerne erzählt: Gekauft hat er den Dauerrenner bei Opel Memmel in Kemnath, da hatte er schon 100.000 Kilometer drauf. Ein IT-Unternehmen hatte ihn bis dato als Geschäftswagen genutzt. Und er selbst ist Vertreter für Haus-Gasanlagen, da ist er ständig unterwegs, 60.000 Kilometer im Jahr spult er ab, immer mit dem Astra, mit wem auch sonst, schließlich hat der ihn nie im Stich gelassen.
Kilometer-Held: der Astra Kombi 1,7 D, Baujahr 1997
„Am Motor war noch nie etwas kaputt“, beteuert Helmut Diesner. In den 17 Jahren, in denen er den Astra fahre (Kilometerstand beim Kauf: rund 100 000), sei er noch nie wegen eines Defekts liegengeblieben, selbst die Ventile sind noch Original. Regelmäßig den Zahn- und Keilriemen erneuern sowie alle 10 000 Kilometer einen Öl- und Ölfilterwechsel, sind seine Tipps. Und: „Den Motor nicht hochdrehen.“
Nicht zuletzt wegen seiner besonnen Fahrweise brauche die Maschine „nicht mehr als 5 Liter Diesel auf 100 Kilometer.“ Im Motorraum läuft lediglich die inzwischen dritte Lichtmaschine, und auch der Anlasser ist nicht mehr der erste. Ebenso die Kupplung, die sich bei 700.000 Kilometern „verabschiedet“ hat. Diesner: „Beim TÜV hat es noch nie ein Problem gegeben.“ Die Prüfberichte habe er alle aufgehoben.
„MEIN ASTRA IST KULT“
Wechseln lassen musste er seither nur Verschleißteile, bei 700.000 Kilometer war mal eine neue Kupplung fällig, aber der Diesel „läuft immer noch wie eine Eins“. Ölwechsel erledigt Helmut Diesner selbst, und zwar alle zwei Monate, bei der Fahrleistung geht das nicht anders.
Mittlerweile, das muss Diesner zugeben, sitzt der Lack nicht mehr ganz so perfekt, und auch die Fahrzeugpolster vermögen ihr Alter trotz guter Pflege nicht mehr hundertprozentig zu verbergen – ob’s da auf die Kunden nicht mehr Eindruck mache, wenn er als Vertreter mit etwas Noblerem daherkäme? „Ach, woher denn“, winkt Helmut Diesner ab.
Hier geht’s zu einem Video,
in dem Helmut Diesner seinen Kilometer-Helden präsentiert.
NUR SCHNEEMATSCH SETZT IHM GRENZEN
An seine Grenzen kommt der Kilometer-Held, wenn es in den Wald geht – und dann auch nur im Winter. Denn Helmut Diesner ist passionierter Jäger. „Wenn ich im Matsch stecken bleibe, lasse ich mich eben herausziehen. Aber deswegen gleich einen SUV kaufen? Nein.“ Bis März 2016 hat der Millionär noch TÜV. „Um den Motor mache ich mir keine Sorgen, aber der Rost an der Karosserie…“, sinniert Helmut Diesner.
Was, wenn’s keine neue Plakette gibt? „Dann muss man halt mal schauen.“ Vielleicht kommt er ja an einer Neuanschaffung ja nicht vorbei. Was für eine, weiß er noch nicht, aber eine mit elektrischen Fensterhebern wäre schon nicht schlecht, so etwas kennt Helmut Diesner nämlich noch gar nicht.
Oktober 2015