DAS TITELBILD: DER OPEL-TURM
Die Begründung mag banal sein, doch sie ist nicht von der Hand weisen: Titelbilder für Zeitschriften müssen in der Regel hochformatig sein – und da der Opel-Turm sich quer kaum fotografieren lässt, ist er in der Geschichte der Opel Post immer wieder als Cover-Motiv zu bestaunen. So auch im Mai 1950. Stolz, fest und stark hat er sich ja zu allen Zeiten präsentiert, in diesem Jahr jedoch symbolisiert er das wiedererstarkte Unternehmen in ganz besonderer Weise.
ENDLICH GEHT ES AUCH AUF DIE SCHIENEN
Von 1946 bis 1949 sind in Rüsselsheim 56.733 Fahrzeuge produziert worden, ist in der Ausgabe zu lesen, davon fast 40.000 im vergangenen Jahr, und die Hälfte davon sind Olympia. Mit anderen Worten: Im Werk läuft es so rund wie nie, auch die Infrastruktur wächst mit. Bereits seit 1. April 1949 können Automobile in großem Umfang per Bahn versandt werden – endlich: In den Jahren zuvor waren fabrikneue Opel größtenteils noch vom Kunden selbst abgeholt worden.
Der „Kapitän 1950“ präsentiert sich äußerlich gegenüber seinen Vorgängern kaum verändert. Dafür hat die Innenraumgestaltung einige Aufwertungen erfahren, die Publikum und Presse mit größtem Interesse zur Kenntnis nehmen. Beispielsweise lässt sich das synchronisierte Getriebe jetzt mittels eines Hebels schalten, der unmittelbar am Lenkrad angebracht ist. Auch der Blinker lässt sich nun bedienen, ohne dass die Hände vom Steuer genommen werden müssen.
DER KAPITÄN MAG’S BEHAGLICH
Die Armaturentafel ist ins zentrale Blickfeld des Fahrers gerückt und die Motorhaube kann nun durch einen Bodenzug im Wageninnern entriegelt werden. Eine verbesserte Federung sorgt für erhöhten Fahrkomfort. Mehr Behaglichkeit bieten auch die Sitze, die vorderen sind nun schneller und leichter verstellbar. Auch wurde der gesamte Innenraum besser abgedichtet. Ebenfalls eine Neuerung, die in Kürze als absolut selbstverständlich angesehen wird.
FREUDE IM TELEGRAMM-STIL
Das Frühjahr ist auch die Zeit der ersten großen Messen des Jahres. Olympia und Kapitän haben sich im März auf dem Automobilsalon in Kopenhagen und auf der 20. Internationalen Automobil-Ausstellung in Genf präsentiert, der damals bedeutendsten europäischen Auto-Messe, wie die Opel Post konstatiert. Die Resonanz ist prächtig. Zum Beleg zitiert die Redaktion einen Bericht im Telegramm-Stil: „Opel-Qualität fand große Beachtung. Opel-Wagen wieder sehr begehrt. Verkäufe ausgezeichnet. Bitte an Opel-Werke_ Produziert weiter in gleichbleibender, guter Qualität.“
DER WEG NACH HAUSE
DIE BEINE UNTER MUTTERS TISCH
Dass Opel-Beschäftigte mit einem Opel zur Arbeit pendeln, ist 1950 noch längst nicht selbstverständlich. Von den rund 15.000 Mitarbeitern kann nur etwa ein Drittel schon wenige Minuten nach Feierabend „die Beine unter Mutters Tisch strecken“,
stellt die Opel Post-Redaktion fest und visualisiert anhand einer Landkarte, aus welchem Umkreis das Gros Tag für Tag nach Rüsselsheim strömt: „Gerade diejenigen unserer Mitarbeiter wollen wir an dieser Stelle einmal besonders erwähnen und ihre Leistung würdigen, die in verkehrsarmen Gebieten wohnen und erst nach langen Fußmärschen oder Fahrradtouren den nächsten Bahnhof erreichen.“
VERWURZELT MIT FIRMA UND SCHOLLE
Das Einzugsgebiet umfasst Darmstadt, Aschaffenburg, Frankfurt, aber auch Bingen, Worms und Bad Kreuznach, insbesondere deren ländlichen Regionen. Denn Opel beschäftige „kein ausgesprochenes Industrieproletariat (im Sinne des Wortes), sondern hauptsächlich Menschen, die außer mit ihrem Arbeitsplatz auch noch mit der Scholle, ihrem Dorf und ihrem eigenen Grund und Boden verwurzelt sind“.
Als besonderes Beispiel wird ein im Werk beschäftigter „Totogewinner“ angeführt, der das Eigenheim, das er sich nun leisten kann, bewusst nicht in der Nähe seines Arbeitsplatzes errichten wird, sondern an seinem wesentlich weiter entfernten bisherigen Wohnsitz. Das zeige, dass der Weg nach Hause für die Mitarbeiter „trotz mancher Strapazen ein Weg zu dem Stückchen Heimat ist, das ihnen alles bedeutet“.