Es war gewissermaßen ein wissenschaftliches Experiment: Man nehme einen bis dato motorsportlich eher unbeleckten Automobil-Ingenieur, verfrachte ihn in einen Rennwagen, an dessen Entstehung er, wenn auch indirekt, maßgeblich beteiligt war, setze einen ehemaligen Le-Mans-Sieger ans Steuer und warte einfach ab, was passiert. Im Fall von Marc Schmidt und dem Opel Astra TCR fiel die Reaktion zwar nicht gänzlich unerwartet, aber ziemlich heftig aus: Ein Funke sprang über. Ein großer Funke.
SCHRITT 1: DIE TECHNIK INSPIZIEREN
Zunächst war das Interesse des Astra-Chefingenieurs naturgemäß rein technischer Art und damit noch nicht sehr von Emotionen durchzogen. So etwa nach dem Motto: „Mal gucken, was die Motorsportler denn mit meinem Baby angestellt haben, um es in einen Renntourenwagen zu verwandeln.“ Der erste Rundum-Blick förderte auch für Marc Schmidt selbst Erstaunliches zu Tage: „Das ist ja unsere Hinterachse!“ In der Tat verfügt der Opel Astra TCR über dieselbe Wattlink-Hinterachse wie sein ziviler Bruder – lediglich mit anderen Anlenkpunkten. Der Grund ist simpel und hat mit der Kundensport-Philosophie von Opel Motorsport zu tun: Was gut funktioniert, wird übernommen, ohne lang daran herumzudoktern. Das schont nicht nur die Nerven, sondern auch das Budget. Und schon die ersten Testfahrten mit dem Astra TCR machten deutlich: Die seriennahe Hinterachse des Astra K tut auch im Rennwagen genau das, was sie soll. Also Haken dahinter.
SCHRITT 2: PLATZ NEHMEN AUF DEM BEIFAHRERSITZ
Zur vollständigen Emotionalisierung des Technikers reichen tiefe technische Einblicke alleine indessen nicht aus. Also fand sich Chefingenieur Schmidt kurz darauf stilsicher in voller Opel-Rennmontur auf dem Beifahrersitz des Astra TCR wieder. Am Steuer: Joachim „Smokin’ Jo“ Winkelhock.
SCHRITT 3: DIE EMOTIONALISIERUNG
Als der 330-PS-Bolide wieder in der Boxengasse stand, passte das breite Grinsen Marc Schmidts fast nicht durch die Beifahrertür. „Der Hammer!“, entfuhr es dem 48-jährigen gebürtigen Hamburger. „Das hat mit dem, was da übers Fernsehen rüberkommt, nicht viel zu tun. Man fragt sich ja doch gelegentlich: Ist das denn Sport? Wenn man selber drinsitzt, stellt sich diese Frage nicht mehr. Alleine die Fliehkräfte erreichen Dimensionen, in die man als Normalo nie vordringt.“
Was den geistigen Vater des Astra K besonders freut: „Das seriennahe Reglement der TCR erlaubt nicht viele Änderungen. Dadurch kommt der Charakter des neuen Astra toll rüber. Das hätte ich so nicht erwartet. Das freut mich sehr, und ich gestehe, es macht mich auch ein bisschen stolz. Denn die Serienentwicklung ist eine ganz andere Welt, in der wir natürlich nicht in erster Linie darauf achten, eine renntaugliche Basis zu legen. Umso schöner, wenn sie dann quasi einfach da ist.“
Was allerdings nicht wirklich verwundert, denn grundlegende Werte wie Dynamik und stabiles Handling sind sowohl im Serienbau wie auch im Rennsport äußerst gefragt. „Wir haben uns bemüht, Effizienz, Konnektivität und emotionales Design über Parameter wie niedriges Gewicht, tolle Aerodynamik und optimale Raumausnutzung miteinander zu vereinen“, sagt Schmidt. „Und das ist offensichtlich eine gute Basis, um auch in einem neuen Umfeld zu funktionieren. Es ist jedenfalls kein Kontrast zu dem, was wir in der Serienentwicklung getan haben – obwohl wir nicht direkt darauf hingearbeitet hatten. Und ich finde, unser Renn-Astra sieht einfach toll aus. Das hier ist wirklich das Sahnehäubchen!“