Einer für alle Sinne

Kollegen und Opel-Fans öffnen uns die Garagentür

Und welches Schmuckstück haben Sie zu Hause geparkt? Schreiben Sie uns: opel.post@opel.com

Mit der Nase so dicht über der Fahrbahn, dass man den Asphalt förmlich riechen kann. Dazu der Sound im Ohr, wenn das 280 PS-Aggregat kurz seine Stimme erhebt. Und schließlich das Kribbeln im Magen, wenn der 930 Kilogramm leichte Roadster über Bodenwellen und durch Kurven stürmt – der Opel Speedster ist ein Auto für alle Sinne.

„Ach, das ist doch noch gar nichts“, beschwichtigt Kurt Hesse. „Wir bewegen uns doch nur durch die Rüsselsheimer City. Sie sollten mit mir mal durch die Brasa-Schlucht am Gardasee fahren. Das ist pure Lust.“

Der 64-Jährige empfindet sich nach eigenen Angaben als „alten Sack“. Aber wenn er in seinen Roadster steigt – genauer: hinabgleitet –, spannt sich sein Körper in freudiger Erwartung an und seine Augen beginnen zu funkeln wie einst im Mai. Es war der Wonnemonat im Jahr 2004, als er den Roadster für sich entdeckt hat. „Die Faszination ist seitdem ungebrochen.“

Hingucker: Der Opel Speedster ist mit 7.207 produzierten Exemplaren eine Rarität – erst recht dieser von Kurt Hesse auf 280 PS modifizierte Rechtslenker.

Der Speedster lief von 2001 bis 2005 vom Band, in Kooperation mit Lotus im britischen Hethel, mehr oder weniger in Handarbeit. Gezielt konzipiert für Puristen, die bereit sind, für ein intensives Fahrerlebnis jeden Komfort zu opfern. Kein Produkt für die Masse, das war von vornherein klar.

Insgesamt sind in den vier Produktionsjahren nur 7.207 Exemplare auf die Straße gerollt. Für Kurt Hesse ist der Speedster „eine der großen Verrücktheiten, die sich Opel geleistet hat.“ Und Kurt Hesse macht keinen Hehl daraus, dass er nichts mehr liebt als Dinge, die von der Norm abweichen.

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„Der Speedster ist eine der großen Verrücktheiten, die sich Opel geleistet hat.“

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Erleichtert den Ein- und Ausstieg: Das eigens montierte, herausnehmbare Lenkrad.

Schlicht und sportlich: Das Cockpit des von Kurt Hesse umgebauten Speedster.

Alles andere als normal sind auch die drei Exemplare, die sich gegenwärtig in seinem Besitz befinden. Eines davon, ein besonders stylisches aus der legendären „Scorpions“-Edition, präsentiert sich gegenwärtig noch in einem erbarmungswürdigen Zustand. „Die Crash-Box ist eingedrückt, der Kühler kaputt, einen Schweller hat’s ebenfalls erwischt – aber hinten sieht’s ganz gut aus“, analysiert Hesse knapp. Er wird ihn wieder herrichten, so, wie er schon viele Speedster wieder zum Leben erweckt hat. „Wie viele genau, kann ich gar nicht sagen.“

Angefangen hat es, als er seinerzeit Unfallwagen entdeckte, die von den  Opel-Prüffeldern stammten. „Damals konnte man als Mitarbeiter diese Autos noch erwerben.“ Also entschloss sich der Karosseriebauer, der den Beruf 1971 noch unter der Bezeichnung „Feinblechner“ bei Opel gelernt hatte, sich in seiner Freizeit mal an einem Wiederaufbau zu versuchen. Und ein Speedster musste es sein, weil der ihn wie kein anderer Opel, den der damals 40-Jährige zwischenzeitlich gefahren hatte, an seine große Jugendliebe erinnerte: den Opel GT.


Technische Daten


Modell Opel Speedster
Baujahr
2004
Motor 2,0 Liter Turbo, original 147 kw/200 PS, von Kurt Hesse auf (eingetragene) 280 PS modifiziert
Zylinder 4
Hubraum 1.998 cm³
Max. Leistung bei 5.200 min -¹
Drehmoment bei 3.800 bis 4.200 min -¹

Abmessungen
Länge 3.786 mm
Breite 1.708 mm
Höhe original 1.117 mm, dank Öhlins-Fahrwerk nochmals ca. 4 mm tiefer

Höchstgeschwindigkeit 270 km/h
Beschleunigung von 0 auf 100 km/h original 4,9 Sekunden
Neupreis inklusive diverser Extras 44.000 Euro

Schick und sicher: Hinter den Leichtmetallfelgen ist eine Vierkolbenbremsanlage installiert.

Alles Alu oder was? Auch der Wasserausgleichsbehälter besteht aus dem Leichtmetall, dazu ist er UV-beständig und mit einem großen Ansaugrohr ausgestattet.

„Das war mein erstes Auto überhaupt“, erzählt Hesse, wie sehr ihn die Leidenschaft für Sportflitzer schon als Teenie gepackt hatte. Später, als Ehemann und Vater, habe er sich familientauglichere Modelle zulegen müssen. Bis der Speedster die verschüttet geglaubte Leidenschaft für Sportflitzer wieder hochkochen ließ.

Nach den ersten Schrauber-Einsätzen stellte er fest: Der Roadster macht nicht nur beim Fahren Spaß, es ist auch eine Freude, an ihm zu arbeiten. „Der Wagen ist so einfach und durchdacht aufgebaut, ich fand mich sofort zurecht, ohne dass ich jemanden fragen musste.“

Und als die ersten originalen Aufbauten geglückt waren, war Hesse längst klar, dass der Speedster etliche Möglichkeiten bietet – nicht nur die Fahrleistung zu steigern, sondern auch, ihn noch schicker und ausgefallener zu gestalten.

Aerodynamisch: Lufteinlässe in den Seitenkästen unterstreichen den sportlichen Charakter des Speedster.

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„Der Wagen ist einfach und durchdacht aufgebaut.

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Volles Rohr: Dieser im Aufbau befindliche Speedster hat einen Spezialauspuff mit Rennkatalysator.

Speziell bis ins Detail: Selbst dieser Luftfilter ist eine Sonderanfertigung.

Der Speedster mag nur ein sogenanntes „Nischenmodell“ gewesen sein. Aber die, die sich in dieser Nische wohlfühlen, hat die kleine Rennmaschine offenbar mehr elektrisiert und inspiriert als jeder andere Opel aus einem vergleichsweise kleinen Marktsegment. Um „Cabrio des Jahres“ (im Jahr 2000) scharrte sich daher schnell eine kleine, aber feine Schrauberszene, die mit Feuereifer spezielle Bremsen, Fahrwerksteile, aber auch Fensterheber, Schalthebel oder Kippschalter in individuell abgestimmten Designs herstellte. Zum Beleg zeigt Kurt Hesse lächelnd ein Spezial-Lenkrad, das sich mit einem Handgriff aufstecken und wieder abnehmen lässt: „Das hat ein Freund von mir gemacht“. Ist insofern praktisch, weil es sich ohne Steuer leichter einsteigt. Denn das ist gar nicht so einfach.

Seit 2005 ist Hesse Privatier. Speedster-Restaurationen sind nicht sein einziger, aber doch sein liebster Zeitvertreib. Und seither hat er fleißig Originalteile und veredelndes Zubehör gesammelt, sodass er in der Szene zum gesuchten Ansprechpartner herangereift ist.

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„Ich trenne mich nur schwer von einem Ersatzteil, weil ich es ja auch noch selbst gebrauchen könnte.

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„Das Problem ist nur: Ich lasse mich nur schwer überreden, mich von einem Ersatzteil zu trennen, weil ich es ja auch noch selbst gebrauchen könnte.“

Dass der Speedster mal ein ungeheuer werthaltiges Auto sein würde, sei ihm von Anfang an klar gewesen. Liebhaber zahlen aktuell um die 25.000 Euro für ein nunmehr mindestens 14 Jahre altes Modell, dessen Neupreis bei Markteinführung bei 32.500 Euro lag. Und auch von den Modellen aus England, wo der Speedster als Vauxhall VX 220 an den Start ging, haben in den vergangenen Jahren einige den Weg nach Deutschland gefunden.

Auch das hat Stil: Kurt Hesse setzt auf einen „Hazet“-Werkzeugkasten aus den Sechzigern.

Die Galerie der Erinnerungen: Kurt Hesse hat alle Autos, die er je besessen hat, an einer Fotowand hängen.

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„Die Leistung lässt sich auf bis zu 350 PS steigern.

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Wirklichen Kultstatus genießen aber nur jene Exemplare mit 2.0-Liter Turbo, die Opel und Vauxhall ab 2003 anboten. Das 200 PS-Aggregat, das auch in der OPC-Version des Astra G erhältlich war, harmonierte mit dem Roadster so perfekt, dass die Nachfrage nach dem zuvor eingesetzten 2,2 Liter Ecotec-Motor mit 147 PS nahezu schlagartig erlosch. Zudem eröffnete nur der Turbo der Tunerszene eine Menge neuer Optionen.

„Seine Leistung lässt sich auf bis zu 350 PS steigern“, nickt Hesse, allerdings ein wenig stirnrunzelnd. „Ich selbst würde das aber nicht empfehlen.“ Nicht zuletzt wegen seines Aluminium-Chassis wiegt der extrem flache Wagen lediglich 930 Kilo, zu viel Kraft führt da leicht zu Kontrollverlust. „Ohnehin sollte man den Speedster nicht auf optimale Endgeschwindigkeit hin tunen“, so Hesse.

Der Stolz der Sammlung: Ein rechtslenkender „Vauxhall Racing“, der in England als Sonderserie auf den Markt kam.

Seine im Alltag genutzte Version bringt es auf nunmehr 280 PS. „Die Fahrwerksteile und die Anbauteile für den Motor habe ich selbst angeschraubt, das Chiptuning einem Spezialisten überlassen.“ Dass er auf der Autobahn gelegentlich auch mal überholt werde, nehme er gerne in Kauf – „aber auf einer kurvigen Bundesstraße hängt mich keiner ab, da ist mein Speedster bissig wie ein Motorrad.“

Bei seinen Ausfahrten genießt Hesse aber nicht nur das Kurvenflitzen. Auch die Blicke, die er für den Roadster erntet, machen ihn stolz. „Der Speedster wird immer noch als Opel wahrgenommen.“ Besonders freut er sich, wenn einmal im Jahr der Firmenlauf an seiner Garage am Rüsselsheimer Maindamm vorbeiführt: „Da verrenken sich etliche Opel-Läufer jedes Mal die Hälse, um zu sehen, ob der Verrückte und seine verrückten Speedster noch hier leben.“

Knapp über der Grasnarbe: Der rund 1,11 Meter flache Speedster hat auf jedem Untergrund eine extrem hohe Bodenhaftung.


Oktober 2019

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Text: Eric Scherer, Fotos: Alex Heimann