Es geht um die richtige Ladestopp- und Fahrstrategie, um Teamgeist und vor allem um Spaß an der Elektromobilität.
Als die Sonne in der Magdeburger Börde versinkt, machen sich eisige Luft und höhere Mathematik in der Opel-Box breit: Partielle Differentialgleichungen werden mit Variablen wie Geschwindigkeit, Reststrom und sinkenden Temperaturen gefüttert. Die Opel-Experten rund um Dr. Peter Ramminger sitzen vor den Bildschirmen und berechnen permanent den bestmöglichen Rhythmus aus Fahren und Laden. Wie in der Formel 1 wird auch dieser Eco Grand Prix für E-Fahrzeuge in der Box entschieden.
Als wenige Minuten später Volker Strycek für einen Boxenstopp aus dem
Corsa-e springt, wird aber auch klar: Das Rennen um die E-Mobilität in Gänze – das wird hinter dem Steuer gewonnen: „Einfach ein geiles Fahrgefühl!“, ruft die Rennfahrer-Legende, Gewinner des prestigeträchtigen 24-Stunden-Rennens auf dem Nürburgring, seinen Mitstreitern zu. Sein Grinsen ist so breit, dass es vom Helm mehr begrenzt als eingerahmt wird.
↑ Video: So lief der Eco Grand Prix für die Opel-Teams
Bei dem Event Ende November in der Motorsport Arena Oschersleben gewinnt derjenige, der nach einem Tag und einer Nacht die meisten Runden gefahren hat. Bei der Premiere des Marathons für Elektroautos im Vorjahr hatte das private Opel-Team – mit Motorenentwickler Dr. Matthias Alt und einem Opel Ampera-e an der Spitze – einen sensationellen vierten Platz gefeiert. Jetzt, ein Jahr später, haben sich gleich zwei private Teams aus Rüsselsheim in die Magdeburger Börde aufgemacht. Dieses Mal mit dabei: zwei Vorserienfahrzeuge des Corsa-e. Und die laufen „wie ein Uhrwerk“, sagt Dr. Matthias Alt, als er um 4.20 Uhr auf seinen Zeitmesser am Handgelenk blickt. Gut die Hälfte des Rennens ist da gelaufen.
Eine Demonstration dessen,
was E-Mobilität aktuell leisten kann.
Die Eco Grand Prix Serie ist eine Demonstration dessen, was E-Mobilität aktuell leisten kann. 40 reine Elektrofahrzeuge sind an dem nasskalten Novembernachmittag um 16 Uhr an den Start gegangen – zehn mehr als im vergangenen Jahr. Am Ende legen die Fahrzeuge in den 24 Stunden in Summe 16.460 Runden auf dem 2.435 Meter langen Kurs zurück. Das sind 40.810 vollelektrisch gefahrene Kilometer – mehr als eine komplette Erdumrundung. Und das bei einer Ladeinfrastruktur von handelsüblichen Drehstrom-Steckdosen. Denn die Rennserie soll aufzeigen, dass Elektromobilität nicht zwingend einer sonderlichen Infrastruktur bedarf.
Herausforderungen, Premieren, Unwägbarkeiten – alles, was einen spannenden Wettbewerb ausmacht.
Dazwischen sind die 24 Stunden von Oschersleben prall gefüllt mit allem, was einen spannenden Wettbewerb ausmacht – Premieren, Herausforderungen und Unwägbarkeiten. Roland Matthé, Opel-Spezialist für Energiespeicher, etwa feiert sein Renndebüt auf der Strecke nahe Magdeburg. Nach ein paar Runden im Windschatten von Rennfahrer Volker Strycek hat der Neuling nach eigener Aussage „eine ungefähre Ahnung davon, wie man welche Kurve anfährt.“
Dann legt ein halbstündiger Stromausfall die Opel-Box und die einiger Konkurrenten lahm und das Team aus Rüsselsheim zieht samt Equipment unterm Arm und auf dem Rücken in die Nachbarbox.
Beide Corsa-e spulen souverän jeweils über 1.000 Kilometer ab.
Ab diesem Zeitpunkt – eine halbe Stunde Ladezeit geht verloren – sind die Aussichten auf einen Spitzenplatz für die beiden Opel-Teams illusorisch. Den Rüsselsheimer Kollegen ist das egal. Jeder Boxenstopp wird zelebriert, jede Differentialgleichung aktualisiert, jede Kurvenanfahrt optimiert. Stunde für Stunde. Schon aus dem Grund, weil die Gigabytes und Terabytes an Daten, die Runde für Runde gesammelt werden, den Opel-Kollegen der Entwicklung wichtige Erkenntnisse liefern, wenn diese später in Rüsselsheim ausgewertet werden.
„Der Corsa-e hat das
Potenzial zum Dauerläufer.“
Am Ende des Rennens springen für die beiden Opel-Stromer Platz 12 und 15 heraus. Das Team – bestehend aus Rennfahrer-Legende und Neuling, aus Strategen und Mathematikern, aus Experten und Laien – ist überglücklich. Team-Captain Matthias Alt: „Die beiden Opel-Stromer waren sensationell zuverlässig. Wir haben den Beweis erbracht, dass der Corsa-e das Potenzial zum Dauerläufer hat. Und das Fahren mit den Stromern – das macht süchtig.“ Klingt so, als ob das Opel-Team nicht das letzte Mal in der Börde gewesen ist.♦
Dezember 2019