David Schröck, Engineering Group Manager Aerodynamics, weiß, wie Autos schneller werden und weniger Sprit verbrauchen

David Schröck, Engineering Group Manager Aerodynamics, weiß, wie Autos schneller werden und weniger Sprit verbrauchen

Keine Luftnummer

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David Schröck

 

Die ersten Techniker, die sich mit dem Strömungsverhalten der Luft wissenschaftlich auseinandersetzten, waren – logischerweise – Flugzeugbauer. Doch auch in der Automobilentwicklung ist die Aerodynamik schon länger zu Hause als viele glauben. Bereits im Jahr 1914 ließ ein italienischer Graf namens Marco Ricotti einen Alfa Romeo nach dem Vorbild eines Luftschiffs modellieren  den 40-60 HP Aerodinamica. Er hatte erkannt, dass Automobile schneller werden und weniger Sprit verbrauchen, wenn sie so aufgebaut sind, dass sie dem Fahrtwind möglichst wenig Widerstand bieten. 

Sich bei der Gestaltung der Erkenntnisse von Luftfahrtpionieren zu bedienen, lag nahe – und sollte in der Branche in den folgenden Jahren zur Methode werden. Nach dem Ersten Weltkrieg wechselten etliche geniale Flugzeugkonstrukteure in die Automobilindustrie – und mit ihnen ihr Wissen über Aerodynamik. Der „Strömungswiderstandskoeffizient“, der im Deutschen in „cw“ ausgedrückt wird, gewann in der Automobilentwicklung zunehmend an Bedeutung. In der breiten Öffentlichkeit allerdings fand er lange Zeit fast nur im Motorsport Beachtung – und bei Serienfahrzeugen im Zusammenhang mit betont sportlichen Modellen. Bei Opel machte vor rund 30 Jahren der Calibra Schlagzeilen: Mit einem cw-Wert von damals sensationellen 0,26 kürten die Medien ihn zum „Aerodynamik-Weltmeister“. 

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Speed ist längst nicht mehr alles – heute stehen die CO2-Emissionen im Fokus

Die Entwicklung schritt rasch voran. Alle Opel, die danach kamen, erzielten im Windkanal Ergebnisse auf ebenso hohem Niveau. So avancierten etwa der Astra mit einem cw-Wert von 0,26 und der Insignia mit 0,25 zu den Aerodynamik-Besten ihrer Klasse. Und bei diesen Fahrzeugen ging es längst nicht mehr nur darum, mit einer verbesserten Windschlüpfigkeit für mehr Topspeed zu sorgen. Ihre aerodynamischen Optimierungen sollten vielmehr helfen, den Verbrauch zu senken. Effizienzsteigerung und die Einhaltung der CO2-Grenzwerte steht längst im Fokus unserer Arbeit.

Grundformen lassen sich nicht ändern – aber stark verbessern

Im Automobilbau wird uns Aerodynamikern die Form des zu gestaltenden Objekts vorgegeben. Kleinwagen oder große Limousine, mal mit Schräg-, mal mit Stufenheck, Coupé oder SUV – alle Karosserievarianten sind durch bestimmte Charakteristika definiert, auf die ihre Käufer Wert legen. Unter aerodynamischen Gesichtspunkten können wir diese Formen stets nur optimieren, dürfen sie aber nicht grundlegend ändern. Nicht zuletzt deswegen besteht unsere Arbeit zu einem großen Teil aus der fortwährenden Suche nach optimierten Lösungen. Das wiederum ist nur in enger Zusammenarbeit mit den Kollegen von Design und Entwicklung möglich.

Ein Crossover wie der Mokka etwa ist im Vergleich zu einer klassischen Limousine höher gebaut. Außerdem hat er große Räder mit entsprechend großen Radhäusern, die durch deren Kunsttoffverkleidungen zusätzlich betont werden. Die im Vergleich zum Vorgänger kürzeren Überhänge sind ebenfalls Elemente, die es grundsätzlich erst einmal schwerer machen, einen niedrigen  cw-Wert  zu erreichen. Dennoch hatten wir uns bei der Entwicklung des neuen Mokka zum Ziel gesetzt, auch den Strömungswiderstand weiter zu reduzieren – von den 0,35 cw des Vorgängersauf 0,32 cw.

Der Opel Mokka

„Unter aerodynamischen Gesichtspunkten können wir diese Formen stets nur optimieren, dürfen sie aber nicht grundlegend ändern.“

Glatte Flächen sind wichtig – auch am Unterboden

Wir mussten also an Details ansetzen, und uns dabei permanent fragen: Wie können wir die typischen Merkmale des Mokka sowie die Formensprache umsetzen und zugleich unsere aerodynamischen Zielvorgaben erreichen? Wichtig ist vor allem, möglichst glatte Flächen zu schaffen, gerade auch am Unterboden.  Erste Ideen entwickeln wir mithilfe von „Computational Fluid Dynamics“ (CFD), also Strömungssimulationen am Rechner. Dadurch gewinnen wir bereits sehr präzise Daten, mit denen wir uns daranmachen, die ersten haptischen Modelle für Tests im Windkanal herzustellen. Dafür steht uns eine Anlage am Forschungsinstitut für Kraftfahrwesen und Fahrzeugmotoren Stuttgart (FKFS) zur Verfügung.

Die Modelle selbst bauen wir in unseren Werkstätten in Rüsselsheim auf. Die Grundkonstruktion besteht aus Stahl und Aluminium, da sie ja auch den Motor aufnehmen soll. Die äußere Form gestalten wir mit Plastilin, da dieser sich leicht fräsen und manuell verändern lässt. So können unsere Modelleure zwischen den Tests im Windkanal noch vor Ort weitere Optimierungen vornehmen. Von Anbauteilen wie Außenspiegeln oder Unterbodenverkleidungen bereiten wir gleich mehrere Varianten vor, um bei unseren Tests die aerodynamisch beste zu identifizieren.

Ziel ist es, den Luftwiderstand so weit wie möglich zu minimieren

Aerodynamisch gut zu integrieren: „Opel Vizor“

So eine Windkanal-Session dauert oft mehrere Tage, eine einzelne Messung allerdings nur zwei, drei Minuten – schon das zeigt, wie viele Varianten wir testen und wie intensiv wir insbesondere in der frühen Entwicklungsphase optimieren. Am Ende haben wir dann selbst feinste Nuancen identifiziert, mit denen sich der Luftwiderstand weiter minimieren lässt, und können diese an Styling und Engineering zurückmelden.

Gut integrieren ließ sich das neue Gesicht unserer Marke: „Opel Vizor“. Es legt sich wie ein Integralhelm über die Fahrzeugfront und vereint Grill, Scheinwerfer und Blitz zu einem Element. Wir kannten den Opel Vizor ja bereits aus der Studie GT Experimental. Für den Mokka mussten wir hauptsächlich den Anlauf zum Vizor und den Übergang zur Motorhaube so gestalten, dass in diesem Bereich keine Strömungsablösung entsteht. Gleiches galt für die Übergänge zu den Seiten, etwa von den Frontscheinwerfern zu den Kotflügeln.

Der „Aero-Shutter“ – die Jalousie, die die Luftströmung regelt

Von anderen Modellen übernommen haben wir das Konzept des „Aero-Shutter“, eine Art steuerbare Kühlerjalousie. Sie ist maximal geöffnet, wenn das Fahrzeug im Stop-und-Go-Verkehr betrieben wird oder einen Berg hinaufklettert. Sobald der Motor jedoch mit weniger Kühlung auskommt, etwa im Überlandverkehr, schließt sich der Aero-Shutter automatisch. Die anströmende Luft wird dann gleichmäßig um das Fahrzeug herumgeleitet, statt sich den aerodynamisch ungünstigen Weg durch den Motorraum zu suchen.

Seitlich der Kühlluftöffnungen verfügt der Mokka als erster Opel überhaupt über sogenannte „Air Curtains“: Sie sind ein wesentliches gestalterisches Element an der Fahrzeugfront, das die Breite des Fahrzeugs betont und den sportlichen Charakter unterstreicht. Diesen Wunsch der Designer konnten wir aufgreifen und Einlässe integrieren, die Luft von der Fahrzeugfront über Kanäle in die Radhäuser führen und dort seitlich an den Vorderrädern vorbei wieder ausströmen lassen – auf diese Weise reduzieren sich störende Verwirbelungen im Radbereich und verbinden ein prägnantes Designelement mit optimaler Aerodynamik.

Beim Mokka fließt die Luft von der Fahrzeugfront über Kanäle in die Radhäuser und strömt seitlich an den Vorderrädern vorbei wieder aus

… und am Ende entscheiden die Emotionen – immer noch

Am Fahrzeugheck beschäftigten uns insbesondere der Dachspoiler und die Elemente seitlich an der Heckscheibe. Über diese Bauteile erreichten wir eine Strömungsablösung und verhindern Luftwiderstand und Auftrieb erzeugende Wirbel.

Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Die Stirnfläche des neuen Mokka erstreckt sich über gerade mal 2,27 Quadratmeter und gibt dem Newcomer ein dynamisches Äußeres, das ist effizient und emotional zugleich. Der Mokka sieht also nicht nur fantastisch aus, auch in punkto Aerodynamik haben wir unser Ziel erreicht: einen cw-Wert von 0,32. Das bedeutet 16 Prozent weniger Luftwiderstand auf der Autobahn und rund neun Gramm weniger CO2-Ausstoß pro Kilometer im Vergleich zum Vorgänger.

Als „Engineering Group Manager Aerodynamics“ gilt mein Dank dem gesamten Aerodynamik-Team – und ganz besonders meinem Vorgänger Reiner Weidemann, der das Projekt maßgeblich betreut hat.

März 2021

Fotos: Andreas Liebschner, Opel