Der Plan sah vor, dem Sportcoupé einen fetten V8-Motor einer Corvette zu verpassen. „Mit ganz viel Brummeln und Bollern unter der Motorhaube“, sagt Daniel Haun, während er das Ladekabel aus der Steckdose zieht. Stattdessen schlägt unter der Silhouette seines Opel Monza nun ein Herz, das mit Strom angetrieben wird. Was ist passiert? „Der Zeitgeist ist passiert. Die Lust, neue Wege zu gehen. Die Idee, einen Klassiker nachhaltig zu machen“, zählt der Thüringer auf. Es sind die Impulse, die auch Opelaner dazu veranlasst haben, einen Manta mit einem Elektro-Antrieb zu versehen. Entstanden ist der Manta GSe RestoMOD – ein E-Klassiker, ein Voltimer, der die Menschen begeistert.
Erste Heimat: Barcelona
Als Daniel Haun von der Idee elektrisiert wurde, einen Klassiker zu elektrifizieren, gab es den ElektroMOD aus Rüsselsheim noch nicht. 2018 war es, als sich dem Thüringer aus der Gemeinde Drei Gleichen die Gelegenheit bot, den Opel Monza zu erwerben. Es ist ein spezielles Modell. „Eine Art Zwischenmodell, außen noch mit viel Chrom des Ursprungsmodells, innen aber bereits mit der plüschigen Ausstattung des Facelifts versehen“, erzählt der 45-Jährige. Und für so eine Rarität war dem Bastler auch der Weg nach Barcelona nicht zu weit. Dort nämlich hatte das Sportcoupé, Baujahr 1982, die vergangenen fast 40 Jahre verbracht. Die Karosserie: rostfrei. Der 3-Liter-Motor mit 180 PS allerdings weitgehend hinüber.
Zunächst verkaufte Haun den Motor und andere Anbauteile, die er nicht benötigte. Und holte dadurch die 1.400 Euro wieder rein, die für den kompletten Monza hingelegt hatte. Das ließ sich schon mal gut an. Die Idee, einen E-Antrieb zu verbauen, ließ ihn nicht los, auch wenn die Umsetzung noch im Ungefähren lag. „Wo das Vorbild fehlt, muss man es schaffen.“ So steht es im Monza-Verkaufsprospekt von 1978. Ein Satz, den sich auch Daniel Haun zu Herzen genommen hat.
Umrüstungen sind gefragt
Das Elektrotriebwerk, das er als nächstes erwarb, stammt von Heiko Fleck. Der bayerische Unternehmer hat sich auf den Verkauf elektrischer Umrüstbausätze spezialisiert. Seit gut zehn Jahren ist er im Geschäft, die Nachfrage steige: Gegenwärtig setze er im Schnitt fünf Bausätze pro Woche ab, so der Elektropionier. Seinen Kunden steht Fleck mit Rat und Tat zur Seite, in ausführlichen YouTube-Tutorials führt er Bastler durch den Prozess.
01 Ursprünglich war der Monza hellgrau. Daniel Haun hat die Karosserie „ein wenig dunkler“ in Anthrazit neu lackieren lassen – übrigens der einzige Arbeitsschritt, den er nicht selbst gemacht hat.
02 Bis in Detail: Damit Frontspoiler und Schweller bündig abschließen, hat der gelernte Karosseriebauer die Front fünf Zentimeter verlängert.
03 Um den Elektromotor und das Getriebe zu verbinden, brauchte es eine extra gefräste Adapterplatte.
04 Die elektrische Servopumpe stammt aus einem Opel Astra, ebenso der Klimakompressor links daneben.
05 Von der elektrischen Heizung bis zum LCD-Display: Das Cockpit musste von Grund auf neu aufgebaut werden
Das hat seine Gründe. Anfangs hielt auch Daniel Haun den Aufwand für überschaubar. E-Motor, Akkus und ein paar Regler einbauen – fertig. Doch so einfach ist es nicht, das „Batteriemanagementsystem“ komplex. Die Servolenkung braucht eine elektrisch betriebene Pumpe, die Heizung muss elektrisch funktionieren und vom TÜV sind beispielsweise eine im Verbrenner unbekannte Ladeanzeige und ein Notstoppschalter vorgeschrieben. Die Liste wurde stetig länger. Daniel Haun ließ sich nicht abschrecken. Die Expertise war da: Der Thüringer hat in den 90er-Jahren in einer Opel-Werkstatt Karosserie- und Fahrzeugbau gelernt, in seiner Freizeit restauriert er seither mit Hingabe Klassiker mit Blitz-Emblem.
Zeitgeist erhalten und Neues schaffen
Sein zweites Herzensprojekt neben dem Monza ist die Restauration eines Opel Commodore, Baujahr 1971. Doch dieses Vorhaben legte er erst einmal auf Eis. Stattdessen widmete er jede freie Minute seinem E-Werk, schraubte, fräste, drechselte und hämmerte ein Jahr lang. Dabei verfolgte er einen ähnlichen Ansatz, wie das Opel-Team, das den Manta GSe ElektroMOD erschuf. „Zum einen wollte ich den Zeitgeist des Klassikers erhalten. Zum anderen aber ein wenig eigene Kreativität einbringen“, erklärt Haun. So baute der Thüringer ein LCD-Display ein, auch bekannt als „Mäusekino“. Das Computer-Cockpit, das ab 1983 im Monza GSE verbaut wurde, „das erschien mir eine passende Ergänzung“, so der Schrauber. Ebenso wie die Solaranlage auf dem Dach des Einfamilienhauses, die jetzt den Strom zum Laden generiert.
Lust auf eine kleine Tour? Klar, doch. Nahezu lautlos rollt der das Kombi-Coupé mit der riesigen Heckklappe – im Kofferraum ist der Akku verbaut – vom Hof. Haun gibt Strom, er wird sanft in den plüschigen Sitzbezug gedrückt, während das Mäusekino in seinem Blickfeld den km/h-Streifen spielt: „Ich könnte es mir nicht schöner ausmalen“, sagt er und schickt hinterher: „Das E-Aggregat hat deutlich mehr Drehmoment als der originale 180 PS-Benziner und der tiefere Schwerpunkt optimiert die Kurvenlage.“ 100 Kilometer weit kann er so fahren. Demnächst sollen weitere Akkus für 50 zusätzliche Kilometer Reichweite hinzukommen.
Projekt Nummer 2 winkt bereits
Mit allem Drum und Dran habe ihn die Umrüstung und Restauration etwa 17.000 Euro gekostet, rechnet der 45-Jährige vor. „Und es war jeden Cent wert.“ Statt wie geplant am Wochenende, fährt er seinen Klassiker mit dem elektrischen Herzen nun täglich. Zur Arbeit. Zum Einkaufen. Im Alltag. Und es zeichnet sich ab, dass der Monza nicht das einzige E-Werk von Daniel Haun bleiben wird. Sein Sohn, der demnächst seinen Führerschein macht, träumt von einem Calibra – mit E-Antrieb. Die Suche nach einer passenden Karosserie läuft bereits.
November 2021